PD Dr. med. Lucas Schirmer
Das geförderte Projekt: DecOmPress
*Decoding spatio-temporal omics in progressive neuroinflammation.
Foto: Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg

Mannheim (Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg) – Leiter einer Forschungsgruppe zur Multiplen Sklerose an der Universitätsmedizin Mannheim vom Europäischen Forschungsrat gefördert Privatdozent Dr. med. Lucas Schirmer hat erfolgreich einen ERC Starting Grant eingeworben. Der Europäi-sche Forschungsrat (ERC) fördert damit ein For-schungsvorhaben an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, das sich zum Ziel gesetzt hat, die zelltypspezifischen Krankheits-mechanismen der Multiplen Sklerose (MS) weiter zu entschlüsseln – und damit die Grundlage für die Entwicklung von neuartigen und zelltypspezifischen Therapieansätzen zur Behandlung der MS zu schaf-fen. Die europäische Förderorganisation stellt dafür über einen Zeitraum von fünf Jahren Fördermittel in Höhe von 1,5 Mio. Euro zur Verfügung.
Die MS ist eine chronisch-entzündliche Autoimmun-erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das Immunsystem unter anderem die Hüllschicht der Nervenfasern, also körpereigene Strukturen, angreift. Die daraus resultierenden entzündlichen und degene-rativen Prozesse zeigen sich als Läsionen in unter-schiedlichen anatomischen Regionen des Gehirns und Rückenmarks, einschließlich der grauen und weißen Substanz.
European Research Council / Starting Grant
Der 2007 von der Europäischen Union gegründete Europäische Forschungsrat (European Research Council) ist die erste europäische Förderorgani-sation für exzellente Pionierforschung. Der ERC fördert mit seinen Grants exzellente Wissenschaft-lerinnen und Wissenschaftler, die bahnbrechende Pionierarbeit in ihrem Forschungsgebiet leisten. Mit dem Starting Grant ermöglicht der Europäische Forschungsrat (ERC) vielversprechenden Nach-wuchswissenschaftlern in Europa den Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe, um die im Antrag formulierte Fragestellung zu erforschen.
In der Ausschreibungsrunde für die ERC Consoli-dator Grants 2020 waren insgesamt 3.272 Anträge eingegangen. Die Projekte stammen aus den unter-schiedlichsten Forschungsbereichen und von Wis-senschaftlern in ganz Europa. Nach dem Kriterium „wissenschaftliche Exzellenz“ wurden davon 436 Projekte (13,3 %) ausgewählt. Diese werden an Universitäten und Forschungszentren in 25 verschie-denen Ländern Europas durchgeführt; in Deutsch-land werden 88 Projekte gefördert. Insgesamt 677 Mio. Euro stellt die EU für die Förderung zur Verfü-gung. Die Mittel sind Teil des EU-Programms für Forschung und Innovation, Horizont 2020.

Lucas Schirmer beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Grundlagen und Mechanismen der chronischen Entzündung und Nervenzellschädigung bei der MS und verwandten pathologischen Zuständen. Im vom ERC geförderten Projekt DecOmPress* will er mithilfe von sogenannten Omics-Technologien räumliche und zeitliche pathologische Veränderungen untersuchen, die mit der fortschreitenden chronischen Entzündung des zentralen Nervensystems einhergehen – zelltyp-spezifisch in unterschiedlichen anatomischen Regio-nen und während der Entwicklung von Läsionen.
Mit den neuartigen Hochdurchsatzmethoden lassen sich hochaufgelöste und mehrdimensionale Profile von einzelnen Zellen und Geweben erstellen. Moleku-lare Veränderungen, die mit Erkrankungen einher-gehen, lassen sich auf diese Weise detailliert erfas-sen. In mehreren Teilprojekten von DecOmPress wird es darum gehen, mittels dieser Methoden die Ursa-chen der chronischen pathologischen Veränderungen innerhalb des gestörten Gewebeverbunds besser zu verstehen.
DecOmPress kombiniert molekularbiologische Grund-lagenforschung mit klinisch relevanten Fragestellun-gen und nutzt dazu neueste wissenschaftliche Metho-den wie die Einzelzellkern-RNA-Sequenzierung (single-nucleus RNA-sequencing, snRNAs-seq), mit der die genetische Ausstattung einzelner Zellen bestimmt werden kann.
Das Projekt gliedert sich in zwei Forschungsstränge: eine „Discovery“-Plattform, in der an Gewebeproben von Patienten mittels neuester Omics-Technologien neue potenzielle Biomarker und Zielstrukturen für die Therapie identifiziert werden sollen, und eine „Validie-rungs“-Pipeline, in der in experimentellen Modellen die Funktion dieser Marker ermittelt werden soll.
Die immensen Datenmengen, die dabei erhoben wer-den, werden überwiegend mittels Methoden der Bio-informatik ausgewertet. „Wir erhoffen uns davon einen enormen Erkenntnisgewinn. Die Daten werden einer-seits helfen, neue diagnostische und therapeutische Biomarker zu definieren. Sie bilden aber auch die Ba-sis für bessere und präzisere, zelltypspezifische Thera-pien, die es für die Patienten zu entwickeln gilt“, so Schirmer.
PD Dr. Lucas Schirmer (38) ist Oberarzt und leitet seit 2018 eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe zur MS und verwandten Erkrankungen, die an der Neurolo-gischen Klinik des Universitätsklinikums Mannheim und der Medizinischen Fakultät Mannheim der Univer-sität Heidelberg angesiedelt ist. Zuvor hatte er drei Jahre an der University of California in San Francisco zu neurobiologischen Fragestellungen mit Fokus auf der MS gearbeitet. Er ist wissenschaftlich gut vernetzt und in mehrere lokale, nationale und internationale wissenschaftliche Verbundprojekte eingebunden.