Lorsch: Der Idealist – Ausstellung mit Arbeiten des Bildhauers Jürgen Heinz
Lorsch (Stadt Lorsch) – Stahl und Gedichte – diese Kombination mag nicht jedem auf Anhieb einleuchten. Und doch bilden die gut zwanzig Metallplastiken und die etwa gleich vielen, auf langen Papierfahnen gedruckten Gedichte des Bildhauers Jürgen Heinz eine spannungsvolle Einheit. In der Ausstellung „Kunst braucht Bewegung“ im Lorscher Museumszentrum zeigt der knapp 52Jährige damit zwei Seiten seines Schaffens. Und thematisiert damit viel weniger das Starre, Statische, Schwere, Verharrende als vielmehr das Sanfte, Verzögerte, Gleitende, Ineinandergreifende, auch das Elegante, die Interaktion. Und wer sich Zeit nimmt und seine Plastiken erlebt, versteht mit einem Mal, wenn Jürgen Heinz sagt: „Mein Thema ist der Mensch in seiner Beziehung miteinander, untereinander.“
Der gelernte Metallgestalter nahm nach „Lehr- und Wanderjahren“(Heinz über Heinz) ein Studium an der Werkakademie in Kassel auf, wo er später lehrte. Er kennt sein Material von der Pike auf. Heute lebt er in Darmstadt, wobei sein Atelier in Lorsch ist. Reduziert wie seine Arbeiten sind auch seine Statements. „Ich mache Kunst weil ich lebe“, liest man und: „Ich möchte keine Botschaften platzieren.“ – Wirklich? Seine Gedichte sprechen über die Zeit, das Flüchtige, die Begegnung. Und immer ist alles im Fluss, vergeht, ist nicht zu fassen. Was spürbar, beobachtbar ist, ist der stete Wandel, die Bewegung. Alles ist immer in Veränderung zueinander.
Wer so denkt, wählt Stahl als sein künstlerisches Medium? Indem Heinz dieses Material – Inbegriff der Starrheit und des Verharrens – in Verbindung bringt mit dem Moment der Bewegtheit, hat er mit dem Zusammenfall dieser sich scheinbar ausschließenden Seinszustände schon den ersten Coup gelandet. Mit seinen „Moving Sculptures“ hat sich der Bildhauer mittlerweile einen Namen und eine wachsende Anhängerschaft erarbeitet. Dieses Thema bietet bildhauerisch immer neue Varianten, Herausforderungen und Formulierungen. Das Material ist und bleibt Stahl. Und gerade dessen spezifische Steifheit garantiert den dauerhaft reibungslosen Bewegungsablauf der Plastiken, deren einzelne Elemente mit nur Millimeter schmalen Abständen zueinander montiert sind. Die zumeist unbehandelte Oberfläche zeigt Spuren der Bearbeitung, reagiert mit der Luft und lässt mit mattem Glanz ein Spektrum leiser Farbigkeit unerwartet aufblühen und schimmern.
Im Grunde ist Heinz ein Visionär, vermutlich auch ein Idealist. Denn was er uns zeigt, ist die ideale Begegnung, das perfekte Miteinander. Egal ob massive, eckige Eisenvolumen, elegant ausschwingende schmale Metallzungen oder fragile Rahmenkonstruktionen: die Körper gleiten miteinander, ineinander, aneinander vorbei. Manchmal dabei leise sphärische Klänge erzeugend, halten sie sich gegenseitig im Gleichgewicht, erzeugen in ihrer Bewegtheit immer neue Bilder und Konstellationen, ein jeder gemäß des jeweiligen Eigengewichtes und statischer Verankerung in eigener Geschwindigkeit auspendelnd. Das hat etwas Magisches, Hypnotisches. Den Betrachtenden überkommt angesichts dieses zeit-losen Ballet Mécanique große Ruhe, die Welt scheint im Gleichgewicht, der Raum atmet: Frieden.
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Info Kasten
Die Ausstellung „Kunst braucht Bewegung“ ist bis zum 31. Oktober im Museumszentrum Lorsch zu sehen; DI bis SO 10 – 17 Uhr, Eintritt 3 € | ermäßigt 2 € (mit Museumseintritt).
Pressebilder zum Download unter https://lorsch.de/de/bildergalerien/pressebilder-download.php
Alle Bilder: Stadt Lorsch