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In Viernheim gibt es rund 25.000 Wahlberechtigte, davon gingen bei der letzten Wahl rund 10.000 zur Wahl, also rund 40%. Die anderen haben sich ausgeklinkt. Für die Wahl des Bürgermeisters gelten die Regeln, dass entweder einer der Kandidaten im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen erreicht oder aber die beiden mit den meisten Stimmen aus dem ersten Wahlgang treten noch einmal gegeneinander im zweiten Wahlgang an. Wer dann die meisten Stimmen bekommt, gewinnt.

Für die Bürgermeisterwahl gibt es dieses Jahr 5 Bewerber. Nehmen wir der Einfachheit einmal an, dass alle 5 Bewerber ungefähr gleich stark sind. Und nehmen wir an, dass sich wieder nur 10.000 Bürgerinnen und Bürger an der Wahl beteiligen. Dann würden sich die 10.000 Stimmen ungefähr gleich verteilen und jeder erhält rund 2000 Stimmen. Jetzt sind aber nicht alle Kandidaten gleich stark, das heißt es reicht wenn zwei Kandidaten ein paar Stimmen mehr – sagen wir 2100 Stimmen – und die anderen ebnen ein paar weniger Stimmen erhalten. Die Kandidaten für den zweiten Wahlgang stünden fest.

Also leichtes Spiel für größere Volksparteien. Das sollte man doch hinbekommen mit den eigenen Anhängern, deren Familien und Freunden? 2100 Stimmen sind rund 8 Prozent aller Wahlberechtigten. Es reicht also, rund 8 Prozent der Wahlberechtigten zu überzeugen und man hat gute Chancen Bürgermeister zu werden. Da kann man ja geradezu von Glück reden, dass sich nur so wenige an der Wahl beteiligen, oder?

Jetzt sind die Kandidaten unterschiedlich und die Chancen ungleich verteilt. Matthias Baaß hat es als Amtsinhaber leichter in die Presse zu kommen. Er muss nicht werben, sondern kann einfach als Bürgermeister irgendetwas öffentlich tun und die Presse berichtet. Zudem hat er keine größeren Fehler gemacht, sich keine größeren Schnitzer erlaubt. Amtsbonus. Die andern Kandidaten hingegen dürften es leichter haben, je größer die Parteien in ihrem Rücken sind.

Ich selbst trete als Außenseiter an. Das hat zwei Vorteile: Erstens kann mir niemand vorwerfen, ich hätte das was ich jetzt verspreche, aus meiner Funktion im Stadtparlament, im Magistrat oder als Bürgermeister ja schon lange machen können. So wie die anderen Kandidaten. Zweitens trete ich als unabhängiger Kandidat an. Für viele Wählerinnen und Wähler ist schon das ein Wert an sich, was die Erfolge von anderen unabhängigen Kandidaten zeigen. In vielen Orten Hessens als auch bundesweit, haben unabhängige Kandidaten das Rennen gemacht. Offenbar gibt es ein großes Potenzial an Unzufriedenen, die lieber unabhängige Kandidaten im Amt haben wollen. Es bleibt also spannend.

Das Viernheimer Tageblatt hat vor ein paar Tagen mein „Wahlversprechen“ veröffentlicht. Als unabhängiger Kandidat möchte ich für die Aufgabe ein starkes Mandat der Bürgerinnen und Bürger haben. Daher habe ich mir als Ziel 30 Prozent der abgegeben Stimmen im ersten Wahlgang gesetzt. Das mag einerseits arrogant und vermessen klingen – 30 Prozent für einen Außenseiter. Aber darunter mache ich es nicht. Sollte ich die 30 Prozent nicht erreichen, ziehe ich meine Bewerbung nach dem ersten Wahlgang zurück. Versprochen.

Und die 30 Prozent sind noch nicht mal ambitioniert, denn bei rund 10.000 Menschen, die vielleicht wieder nur zur Wahl gehen sind das nur unwesentlich mehr, als die, die ich brauche, um mich irgendwie in den zweiten Wahlgang zu retten. 30 Prozent aller WahlBERECHTIGTEN, das wäre ambitioniert gewesen! Aber das wären dann 75 Prozent der Wahlbeteiligten. DAS wäre in der Tat vermessen gewesen.

Wie auch immer das am 14. März ausgehen mag: es muss allen Bewerbern, Parteien und Wählergruppen ein Anliegen werden, die Wahlbeteiligung zu steigern. Mindestens 50 Prozent bei der nächsten Kommunalwahl müssen es werden. Bei der übernächsten noch mehr. Gelingt das nicht, haben die Politikerinnen und Politiker ihren Job nicht richtig gemacht! Nämlich Politik für Viernheim und ALLE Wähler zu machen. Nicht nur Politik für die Anhänger der eigenen Ideologie sondern für alle! 60 Prozent Nichtwähler dürfen nicht hingenommen werden, sondern müssten eigentlich viel stärkere Konsequenzen haben.

An alle aktiven Politikerinnen und Politiker! Ihr müsst da mehr tun, als nur aufzurufen doch zur Wahl zu gehen. Das hat schon die letzten Jahrzehnte nicht zu Veränderungen bei der Beteiligung geführt. Die Nichtwähler machen das nicht aus Faulheit oder weil es sie nicht interessiert. Sondern sie haben dafür Gründe. Zum Beispiel weil sie sich nicht vertreten fühlen, weil Sie Euch nicht vertrauen, dass es besser wird und weil Ihr zu wenig tut, was das Leben der Nichtwählerinnen und Nichtwähler besser macht. Holt die Menschen mit Eurer Politik endlich ab und beweist ihnen, dass es einen Unterschied macht, ob Ihr da seid oder nicht!

Egal wer als Bürgermeister gewählt wird: Wie wäre es mit einer Vereinbarung jetzt vor der Wahl, das der Gewinner bei der nächsten Wahl in sechs Jahren nicht mehr antreten wird, wenn bei der nächsten Kommunalwahl nicht mindestens 50 Prozent Wahlbeteiligung erreicht werden? DAS wäre mal ein Wahlversprechen…

 

Wolfram Theymann
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