Leserbrief von Wolfram Theymann und Alois Huber
Stadtwerke als Melkkuh?
Warum sind die Strom- und Gaspreise so hoch? Naja, es ist Krieg, wir haben Energiekrise und stellen gerade die gesamte Energieversorgung um. Das kostet. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. In Viernheim (als auch in anderen Städten) bedient sich die Politik gerne an den Überschüssen, die das Energiegeschäft so abwirft.
Wir kennen das aus den vergangenen Jahrzehnten: Die Stadtwerke betreiben die beiden Schwimmbäder und die Stadtbuslinien. Alles das sind Zuschussgeschäfte, denn es ist nicht leicht sie kostendeckend zu betreiben. Hier kann man die Überschüsse der Stadtwerke also gut brauchen.
Jetzt kam offiziell das neue Rathaus dazu, denn die Stadt hat kein Geld und so viele Schulden, dass sie keine weiteren machen darf. Es soll dem Vernehmen nach Miete gezahlt werden, aber ob das kostendeckend oder doch wieder ein Zuschussgeschäft für die Stadtwerke sein wird, wissen wir nicht.
Und Gerüchte besagen, dass weiterhin ein Kindergarten und auch eine Flüchtlingsunterkunft inzwischen auf der Liste der Zuschussgeschäfte der Stadtwerke stehen. Was wohl noch? Wir wissen es nicht. So transparent sind hier weder Politik noch die Stadtwerke.
Nun ist es ja super, wenn die Stadtwerke so viel Gewinn machen, dass man damit öffentliche Aufgaben subventionieren kann. Doch wer bezahlt den ganzen Bums? Wir Kundinnen und Kunden der Stadtwerke bezahlen so viel für Energie, dass gute Gewinne dabei herauskommen. Für die Stadtbusse, die weitgehend leer in Viernheim ihre Runden ziehen, zwei Schwimmbäder, eines davon frisch saniert, ein Rathaus und offenbar noch ein paar weitere Projekte.
Dass das so ist, haben die von uns demokratisch gewählten Stadtverordneten für uns (und über uns) entschieden. Aber sollte wir Bürgerinnen und Bürger nicht wissen können, was da passiert? Gehört nicht auch das zur Demokratie? Also erster Punkt: Das Verfahren ist legitim, aber nicht transparent!
Uns alle treiben die Energiepreise um. Das gilt für uns als Privatleute als auch für die Unternehmen. Gastronomen und Einzelhändler haben Flächen abgegeben, um diese nicht heizen und beleuchten zu müssen. Manche Unternehmen mussten wegen der Energiepreise schließen. Die Energiepreise belasten uns also alle und zwar massiv. Bei vielen Privatleuten wird es richtig eng. Muss es da sein, dass die Stadtwerke – politisch gewollt – die Preise höher halten als notwendig?
Um wieviel könnten Strom und Gas in Viernheim preiswerter sein, wenn die Politik alle diese Kostenblöcke nicht bei den Stadtwerken abgeladen hätte? Würde nicht ein günstiger Energiepreis nicht vielleicht sogar Unternehmen anlocken, die sich in Viernheim ansiedeln, Arbeitsplätze schaffen und Gewerbesteuer bezahlen? Niedrige Energiepreise könnten Viernheim auch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Nun ist auch bekannt, dass wir das schon immer so gemacht haben. Aber die Zeiten ändern sich! Es ist Zeit, das zu hinterfragen. Sind bei diesem Preisniveau niedrigere Energiepreise nicht vielleicht wichtiger geworden? Für die Großindustrie wird in der Bundespolitik gerade ein Strompreis von 5-6 Cent pro Kilowattstunde diskutiert. Wir sollen aber 35 Cent und mehr bezahlen? Was ist mit uns normalen Bürgerinnen und Bürgern? Diese Fragen müsste der Aufsichtsrat der Stadtwerke und letztendlich das Stadtparlament beantworten. Übrigens werden auch im Mannheimer Stadtparlament die hohen Gewinne der MVV gerade hinterfragt. So abwegig sind diese Fragen also nicht. Also zweiter Punkt: Es wird Zeit das bisherige Verfahren in Frage zu stellen. Die Zeiten haben sich geändert!
Ein dritter Punkt sind die Gefahren für die Stadtwerke selbst. Was ist, wenn aufgrund der hohen Preise viele Leute den Versorger wechseln? Dann müssen die Kosten für die politischen Projekte auf weniger Kunden umgelegt werden. Wie viele haben wohl seit der Hochkostenphase den Anbieter gewechselt? Und dann ist da noch die Energiewende. Brauchen die Stadtwerke ihre Gewinne und ihre Kreditwürdigkeit nicht um die Stromnetze für E-Autos und Wärmepumpen auszubauen, das Wärmenetz zu erweitern, mehr eigenen Strom und Wärme CO2-frei zu produzieren etc.?
Die Kommunalpolitik sollte aufhören, die Stadtwerke als lukrative Geldquelle zu betrachten. Dieses Geld brauchen sie für ihre eigenen Zukunftsaufgaben! Der Aufsichtsrat muss abwägen zwischen der bequemen Finanzierung anderer politischer Aufgaben, einem besseren Preis für Energie für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und der Verwendung der Gewinne für die Energiewende. Jede dieser Entscheidungen hat ihre eigenen Konsequenzen.
Wolfram Theymann und Alois Huber