Wackelige Füße für die Finanzierung des neuen Rathauses?

 

Es ist echt eine tolle Sache, wenn der Bürgermeister gleichzeitig Aufsichtsrat der Stadtwerke ist. Dann kann man den Stadtwerken auftragen, sie sollen der Stadt mal ein neues Rathaus kaufen und dann legt man die Miete gleich noch selbst fest. Sieht ein bisschen wie wirtschaftliches Harakiri aus. Oder wie ein Interessenskonflikt.

 

Den Berichten ist zu entnehmen, dass die Stadtwerke für das neue Rathaus 9 Millionen Euro bezahlen werden. Der Bürgermeister geht aktuell von einer monatlichen Miete von 25.000 Euro aus. Das heißt, die Stadtwerke haben dann jährlich 300.000 Euro, um Zinsen zu bezahlen, den Kredit zu tilgen, das Haus instand zu halten und Rücklagen zu bilden, falls das Haus mal kaputt geht.

 

Der geneigte Leser und die geneigte Leserin rechnen nach und stellen fest: Könnte knapp werden. Dafür ist die Miete natürlich super: knapp über 10 Euro Miete pro Quadratmeter! Da kommen Mieter von neuen Wohnungen mancherorts heute schon ins Träumen, Mieter von Gewerbeimmobilien allemal. Fürs Brundtlandbüro in der Stadtmitte hieß es mal, die Stadt würde 20 Euro pro Quadratmeter bezahlen. Da ist sie bei den Stadtwerken besser dran als bei privaten Vermietern.

 

Für die Stadtwerke ist es nur halb so schön: Wenn nun die Zinsen für den Kredit mehr als 3,33 Prozent – also jährlich 300.000 Euro – betragen, geht die gesamte Miete für die Zinsen drauf. Eine Rückzahlung des Kredits erfolgt dann nicht oder zumindest nicht mehr aus den Mieteinnahmen.

 

Gehen wir jetzt mal wohlwollend davon aus, dass sich die Stadtwerke zu Beginn des Jahres gleich die damals noch günstigeren Zinsen gesichert haben, die beteiligten Banken nichts verdienen wollen und somit für den Kredit nur der Basiszinssatz der EZB von Januar zu bezahlen ist mit 1,62 Prozent. Aber auch dann wird es knapp mit Tilgung, Instandhaltung und Rücklagen – trotz überoptimistischer und unrealistischer Annahmen. Ob ein privater Bauherr wohl auch solche tollen Konditionen eingeräumt bekommt? Wie heißen die Banken gleich, die diesen Deal finanzieren?

 

Meiner Ansicht entwickelt sich der Kauf der Ellipse zu einem enormen Risikogeschäft für die Stadtwerke. Diese werden wirtschaftlich auf Jahre ihren eigentlichen Aufgaben wie den Ausbau der Strom, Gas- und Wärmenetze, die Bewältigung der Energiewende und günstige Energie für die Viernheimer Bürgerinnen und Bürger zu beschaffen, nicht ausreichend nachkommen können. Wie viele Jahre ist es doch gleich her, als die Stadtwerke schon einmal kurz vor dem Kollaps standen?

 

Jetzt wird man sagen, „Moment mal, die Miete steht ja noch gar nicht fest“. Das ist richtig, aber es heißt, dass im Haushalt für 2024 die 25.000 Euro pro Monat (also 300.000 Euro pro Jahr) angesetzt sind. Wenn man das Ganze auf gesündere Füße stellen wollte, bräuchte man mindestens doppelt so hohe Mieteinnahmen (600.000 Euro). Das hat also durchaus Konsequenzen auch für andere Dinge. Ob sich das Parlament dessen bewusst war, als das Schnäppchen Hals über Kopf und in Rekordzeit gekauft werden musste?

 

Ich bin gespannt, wie sich die Zahlen entwickeln werden und ob es dazu noch Erklärungen seitens der politisch Verantwortlichen geben wird. Vermutlich wird man in Zukunft mit Zahlen vorsichtiger umgehen und weniger an die Öffentlichkeit durchsickern lassen. Je größer die Intransparenz, umso besser sieht alles aus oder umso besser lässt sich alles verkaufen.

 

Wolfram Theymann

https://lust-auf-viernheim.de