Leserbrief von Bernd Lukoschik: „Haushoher Sieg für Kim“? – Kalte-Kriegs-Rhetorik!
Tagesschau macht euch schlau!
Trotz dieser Einschätzung, wie sich wohl, nehme ich mal an, die Tageschau selbst begreifen könnte, lohnt es sich wirklich nicht, ihre Artikel zu lesen. Erziehung zur Medienkompetenz sollte von früh an mit der Warnung vor dem Tagesschaukonsum einhergehen!
Da aber dieses Medium, neudeutsch: Format, leider immer noch meinungsbildende Macht hat, muss auf besonders üble journalistische Machwerke in ihm doch näher eingegangen werden. Auch, wenn man sich sagen könnte: Morgen schon ist dieser hanefeldsche Text Schnee von gestern! Denn mancher Rest davon wird vielleicht noch tagelang an so mancher Seele haften und schmerzlich nachwirken!
Also der heutige Kommentar von Jürgen Hanefeld: „Haushoher Sieg für Nordkorea“. Bereits in der Überschrift leuchtet auf: Hier spricht ein Möchtegernkrieger und Schreibtischstratege, der seine dürftige Liste von Bewertungsbegriffen, nämlich „Sieg“ oder „Niederlage“, die einzigen Bewertungen, die er wohl je gelernt hat, auf alle möglichen Lebenssituationen meint anwenden zu müssen. Aber hier, Herr Hanefeld, ging es nicht um Sieg, nicht um Niederlage, sondern um Verständigung, um ein Gespräch, ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht, das vielleicht sogar zu einem Konsens, einem Kompromiss, zu einem Aufeinanderzugehen führen könnte.
Zugegeben, „Konsens“, „Kompromiss“, „Aufeinanderzugehen“, „Verständigung“, das sind ganz neue Begriffe für einen Journalisten dieses Schlags!
Kriegsrhetorik folgt dann umgehend im Beitrag. Trump hat sich „ohne Not zu konkreten Maßnahmen verpflichtet und den Diktator hoffähig gemacht. Kim wird sich ins Fäustchen lachen“. Eine Maßnahme nennt Hanefeld: „Militärmanöver will er einstellen, ohne jede Gegenleistung“.
Die Denkfolie Hanefelds, auf der seine Sätze aufscheinen, ist Pokermentalität, ganz getreu der Denkweise eines Ronald Reagan und seiner Krieger damals und der Neokonservativen in den USA: Druck machen, den „Gegner“ an die Wand drängen, ihm die Pistole auf die Brust setzen, dann wird der „Gegner“ schon klein beigeben. Kein Gedanke daran, dass man ja auch seinen Gegner zum “Gegner“ mit erzieht, ihn vielleicht erst dazu macht, indem man meint, Einigung könne nur heißen: mein Fuß auf deinem Nacken.
Trump ist mir regelrecht sympathisch geworden (wenn ich auch natürlich nicht um seine tieferen Motive weiß). Er hat weich und defensiv reagiert. Staatsmännisch. Das zeugt eher von größerer Persönlichkeit als die harte Reaktion des vermeintlichen Hardliners, hinter der ja oft genug mangelndes Selbstwertgefühl, Angst und persönliche Schwäche lauern.
Trump will von Manövern vor Nordkoreas Küsten Abstand nehmen: Angesichts der Fixiertheit der US-Politik auf militärische Machtdemonstrationen ist das eine regelrecht souveräne Entscheidung. Wahrscheinlich eine Entscheidung, mit der er sich Ärger bei den Boltons und Pompeos um ihn herum einholen wird! Umso mutiger von ihm, dennoch so zu entscheiden.
Klar, dass das Revolverhelden wie denen, die unter der Kalten-Kriegs-Atmosphäre aufwuchsen – Hanefeld gehört wohl dazu –, zutiefst fremd ist.
Ich kann nur hoffen, dass der Hanefeldkommentar morgen Schnee von gestern ist. Zu befürchten ist jedoch, dass das Tagesschauteam ein ganzes Nest solcher kerniger Gestalten birgt.
Bernd Lukoschik