Kreis Bergstraße (kb) „Wenn die Leistung nicht erbracht wird, muss man nicht zahlen“, findet Landrat Christian Engelhardt. Was bei jedem Geschäft eigentlich ein Grundsatz ist, gilt nicht automatisch bei „Gebühren“.

Schulen und Betreuungseinrichtungen dürfen seit mehr als einem Monat von den meisten Kindern nicht betreten werden, denn Kindertagesstätten und Betreuungsangebote wurden vom Land Hessen im Zuge des Kampfs gegen die Ausbreitung des Coronavirus geschlossen beziehungsweise das Betreten untersagt.

Dass die Eltern eigentlich trotzdem zahlen müssen, liegt daran, dass es sich um Gebühren handelt: „Die Kosten für das Personal der Dienstleister laufen weiter. Und weil es sich um eine Gebühr handelt, dürfen wir nicht einfach so von uns aus darauf verzichten“, erklärt Engelhardt. Der Bergsträßer Landrat empfindet diese Situation als äußerst unbefriedigend. „Das kann man niemandem erklären, warum er Gebühren zahlen soll, wenn die Leistung gar nicht zur Verfügung steht.“ Engelhardt sieht hier vor allem das Land in der Pflicht, den Kommunen durch eine vollständige Kostenübernahme zu ermöglichen, die Gebühr zu erlassen: Schließlich wurde die Nutzung aufgrund einer Verordnung des Landes untersagt.  

Monatlich geht es dabei alleine für den Kreis um Elternbeiträge von deutlich mehr als 500.000 Euro. Vermutlich werde vom Land erst nach dem „Lock Down“ ein Resümee gezogen und eine abschließende Regelung zwischen Land, Kommunen und Landkreisen getroffen werden können. Beim Kreis müsse beispielsweise zudem der Kreistag über die Gebühren entscheiden. Das hatte der Kreis frühzeitig kommuniziert und den Eltern auch mitgeteilt, dass es im Fall eines nachträglichen Gebührenverzichts zu Rückerstattungen kommen werde, zunächst aber weitergezahlt werden könne.

Weil Engelhardt aber damit davon ausgeht, dass die wirtschaftlichen Folgen des Lock-Down mittlerweile auch einige Eltern erheblich beeinträchtigen, möchte er den Eltern auf anderem Weg entgegenkommen: „Wir wollen als Kreis ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt zunächst auf die Gebührenerhebung verzichten. Dies gilt für die Kinder bei der Tagespflege wie auch in der Schulkinderbetreuung.  Stattdessen soll der Kreis in Vorlage treten und sowohl die Kindertagespflegepersonen weiterzahlen wie auch die Vertragspartner des Kreises in der Schülerbetreuung wie auch der Mittagsverpflegung.“ Entsprechende Vorlagen an die Gremien des Kreises seien bereits veranlasst.

Die Finanzierung der Kindertagespflege hat für die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz, welche für das Jugendamt zuständig ist, eine besondere Bedeutung: „Die Tagespflegepersonen sind Selbstständige. Sie betreuen Kinder oftmals in ihren „eigenen 4 Wänden“. Deshalb gab es bereits kurz nach Beginn des „Lock Downs“ viele Rückfragen und bei einigen der Tagespflegepersonen auch Existenzangst. Wir arbeiten seit Jahren gut zusammen und wir brauchen diese engagierten Tageseltern auch in der Zukunft für die Betreuung der Kleinsten. Wir wollen daher die Weiterzahlung des Entgelts auch in Zukunft sicherstellen, als verlässlicher Partner!“

Die kommunalen Spitzenverbände müssten mit dem Land eine gute Lösung hinsichtlich der Elternbeiträge finden, so Engelhardt. In der aktuellen, sehr dynamischen Situation sei jedoch sicher auch Zeit von Nöten, um auf Seiten der Akteure abschließende Vereinbarungen zu treffen. Anschließend könnte dann der Kreistag die entsprechenden Beschlüsse zu den Elternbeiträgen für den Landkreis treffen. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Kreis hätten sich in der täglichen Telefonkonferenz zudem darauf vereinbart, ebenfalls vergleichbar zu agieren, die Eltern zunächst vorläufig zu entlasten und dann abschließend zu entscheiden.