Gut informiert in die Zeckensaison starten
Erste Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernentin Angelika Beckenbach klärt mit Expertenrunde über die Tierchen und ihre Gefahren auf / Kreis Bergstraße gehört zu FSME-Risikogebieten

Foto: KB

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Kreis Bergstraße (kb)- Die Temperaturen steigen und der Frühling hält langsam aber sicher Einzug. Das warme Wetter lockt aber nicht nur die Menschen wieder nach draußen, sondern auch die Tierwelt erwacht – damit auch Zecken. Bei einem Spaziergang im Wald oder auf einer Wiese bemerkt man sie kaum und selbst, wenn sich einmal eine Zecke festgesetzt hat, wirkt sie eher unscheinbar. Diese Annahme trügt aber, denn die kleinen Tierchen können gefährliche Krankheiten wie Borreliose oder die Frühsommer-Meningoenzephalitis (kurz: FSME) auf den Menschen übertragen. Hierbei kann ein einziger Stich ausreichen. Um auf das Risiko, das von einem Zeckenstich ausgehen kann, sowie die Möglichkeiten einer Schutzimpfung aufzuzeigen, hat die Erste Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernentin Angelika Beckenbach kürzlich mit einer Experten-Runde zu einem Pressegespräch eingeladen.
In Deutschland erkrankten laut Robert-Koch-Institut (RKI) im Jahr 2024 insgesamt 686 Menschen an FSME. Das sind 44 Prozent mehr als im Vorjahr (478 Erkrankungen). Somit wurde nach dem bislang fallstärksten Jahr 2020 mit 718 FSME-Erkrankungen ein zweiter Höchstwert seit Beginn der Datenerfassung erreicht. Ein Grund hierfür ist etwa die Klimaerwärmung, die die Verbreitung von Zecken sowie Krankheitserregern begünstigt. Durch die milderen Winter, die den Parasiten ideale Überlebensbedingungen bieten, sind die Blutsauger auch schon früher im Jahr aktiv, sodass mittlerweile ein ganzjähriges Risiko besteht. Gleichzeitig wächst damit auch die Zahl der FSME-Risikogebiete in Deutschland, zu denen auch der Kreis Bergstraße gehört. Hier wurde in diesem Jahr zwar bislang noch keine FSME-Erkrankung registriert, deutschlandweit sind es allerdings bereits 23 Fälle (Stand: 12.03.2025).
„Die Folgen eines Zeckenstiches können schwerwiegende Krankheiten auslösen. Deshalb wird Prävention immer wichtiger, denn nur wer über die Biologie, Aufenthaltsorte und Verhaltensweisen der Parasiten informiert ist, kann sich davor schützen. Außerdem ist auch die Aufklärung zur erhältlichen Schutzimpfung essentiell, da sie einen zuverlässigen Schutz bei sehr überschaubaren Nebenwirkungen bietet“, erklärte die Erste Kreisbeigeordnete Angelika Beckenbach. „Dabei ist es nicht unser Ziel, jeden Menschen zu einer Impfung zu drängen, sondern lediglich die Möglichkeit dazu aufzuzeigen. Deswegen bedanke ich mich bei unseren Kooperationspartnern, die uns stets bei unserer Präventionsarbeit unterstützen!“
Laut des RKIs ist die Zahl der FSME-Risikogebiete in Deutschland inzwischen auf 183 gestiegen, wobei vor allem der Süden betroffen ist. Seit 2007 gilt ein (Land-)Kreis als Risikogebiet, wenn die Anzahl der übermittelten FSME-Erkrankungen zuvor in fünf aufeinanderfolgenden Jahren im Kreis oder in der Kreisregion signifikant höher liegt, als die bei einer Fünfjahresinzidenz von einer Erkrankung pro 100.000 Einwohner erwarteten Fallzahl. In diesen Regionen ist demnach die Gefahr, von einer mit FSME-Viren infizierten Zecke gestochen zu werden, besonders hoch.
Das FSME-Virus befindet sich im Speichel der Zecke und kann bei einem Stich auf den Menschen übertragen werden, auch wenn sie sofort entfernt wird. Eine Infektion verläuft in den meisten Fällen symptomfrei und von Patientinnen und Patienten unbemerkt. In den Fällen, in denen Krankheitssymptome auftreten, kommt es häufig zu unspezifischen, grippeähnlichen Beschwerden, auf die im weiteren Verlauf teils auch neurologische Auffälligkeiten wie zum Beispiel Lähmungen, Krampfanfälle oder langandauernde (Kopf-)/Schmerzen folgen können. Unter Umständen können diese neurologischen Ausfälle dauerhaft bestehen bleiben und sogar zur Berufsunfähigkeit führen. Da das Virus die Hirnhaut und das zentrale Nervensystem des Menschen angreifen kann, ist in seltenen Fällen eine intensivmedizinische Behandlung notwendig, schlimmstenfalls können lebensbedrohliche Verläufe auftreten. Das FSME-Virus kann bisher nicht kausal mit Medikamenten bekämpft werden, es steht jedoch eine wirksame und sichere Immunisierung zur Verfügung: In Deutschland sind zwei gleichwertige Impfstoffe gegen FSME zugelassen, die bereits ab dem Kleinkinderalter verimpft werden dürfen und bei vollständigem Impfschema einen sehr hohen Schutz bieten.
Zum Aufbau des Impfschutzes sind drei Impfungen erforderlich, von denen die Zweitimpfung nach etwa zwei bis zwölf Wochen und die dritte Impfung fünf bis zwölf Monate danach erfolgen sollte. Da der Impfschutz nach der Grundimmunisierung nicht lebenslang gegeben ist, muss er in sogenannten Auffrischungsimpfungen erneuert werden. Die erste Auffrischungsimpfung wird nach drei Jahren empfohlen. Weitere Auffrischungen erfolgen dann nach jeweils fünf Jahren bei Menschen unter 60 Jahren beziehungsweise nach jeweils drei Jahren bei Menschen unter 60 Jahren.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt einen FSME-Impfschutz allen Menschen, die in Risikogebieten durch Aufenthalt im Freien in Kontakt mit Zecken kommen können sowie Personen, die in der Forst- oder Landwirtschaft oder im Labor arbeiten und so beruflich gefährdet sind. Auch Reisenden in Gebieten, mit einem besonderen FSME-Risiko, wird eine Schutzimpfung empfohlen.
Zudem gibt es auch allgemeine, praktische Schutzmaßnahmen, um Zeckenstiche gänzlich zu vermeiden. Dazu gehört etwa helle, geschlossene Kleidung zu tragen und Hosenbeine in die Socken zu schieben. „Zecken lauern nicht nur im Wald, sondern auch in Parks, im Garten und anderen Orten mit hohem Gras. Daher sollte man den Körper nach einem Aufenthalt im Freien stets gründlich nach den Tierchen absuchen, insbesondere am Haaransatz, hinter den Ohren und in den Körperfalten“, betonte der Facharzt für Allgemein- und Notfallmedizin, Heiko Mikkat. Besonders Hunde- oder Katzenbesitzer sollten zudem wachsam sein: Denn auch Vierbeiner sind ein gefundenes Fressen für die Blutsauger. So können die Haustiere Zecken unbemerkt mit in die eigenen vier Wände schleppen.
„Für einen kurzfristigen Schutz eignen sich zudem insektenabweichende Mittel, sogenannte Repellents. Diese können dazu beitragen, Zeckenstiche zu verhindern“, ergänzte die Apothekerin Sabine Schubert. Sollte trotz allen Bemühungen ein Zeckenstich vorliegen, ist es wichtig, das Tierchen ganz vorsichtig mit einer Pinzette oder einer Zeckenkarte (in Apotheken erhältlich) aus der Haut zu entfernen. „Dazu setzt man das Utensil dicht über der Haut an und zieht oder hebelt die Zecke vorsichtig heraus“, führte der Inhaber der Stadt-Apotheke Heppenheim, Dr. Oliver Saur, fort.
Sollte sich in Folge eines Zeckenstichs eine ringförmige Hautrötung um die Einstichstelle bilden (auch „Wanderröte“ genannt) und/oder grippeähnliche Symptome wie Müdigkeit, Fieber oder Kopfschmerzen auftreten, sollte dringend ein Arzt beziehungsweise eine Ärztin aufgesucht werden. Die Symptome könnten ein Anzeichen für eine Borreliose- oder FSME-Infektion sein.