Viele Mitarbeitende sind am Limit, ihr Alltag ist geprägt von zahlreichen Problemen und Herausforderungen – sowohl bei der Stadtverwaltung als auch bei der Caritas. Dennoch, das Engagement ist auf beiden Seiten ungebrochen und das gute Miteinander bestärkt das Netzwerk.

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Viernheim (Caritas) – Beim Besuch des Bürgermeisters Matthias Baaß und des Amtsleiters Rudolf Haas mit dem Vorstand und den Caritasmitarbeitenden, die in Viernheim in Beratungsdiensten und Einrichtungen tätig sind, kommen viele Themen auf den Tisch. Es geht um einen Austausch, was läuft gut, wo harkt es, um den Menschen in Viernheim gut zur Seite stehen zu können. Da darf auch mal gejammert werden, denn die Zeiten sind wegen Inflationskrise, Kriegen und Fachkräftemangel sehr herausfordernd. Das spiegelt sich in der sozialen Arbeit durch alle Fachbereiche wider. Die Anzahl der Menschen, die Hilfe suchen, steigt und die Probleme der Menschen werden immer komplexer. Das bestätigen die Berichte aller Beratungsdienste.

Viele Pflegekräfte am Limit

 

Viele Probleme werden beim Austauschtreffen sehr konkret benannt. Claudia Dewald-Haas, Leiterin des Ambulanten Pflegedienstes, berichtet nach wie vor von fehlenden Fachkräften. Sie kann schon länger nicht mehr alle Personen aufnehmen, die Hilfe anfragen. Das sei für alle eine Belastung. Im Austausch mit anderen ambulanten Pflegediensten höre sie von finanziellen Verlusten und Existenzängsten. Aber stationär sei es auch nicht besser, Kurzzeitpflegeplätze seien ebenso schwer zu bekommen wie Facharzttermine. Zudem binde die Bürokratie unnötig personelle Ressourcen. „Das Ruder muss rumgerissen werden“, so Claudia Dewald-Haas, „sonst wird eine gute Versorgung immer schwerer bis unmöglich.“ Auch der Vorstand plädierte für ein höheres Bewusstsein in der Politik und bestätigte die zugespitzte Lage im Pflegebereich. Es brauche eine bessere Zahlungsmoral der Kostenträger, die sofortige Berücksichtigung von Tarifsteigerungen sowie die Anpassung der Pflegesätze an die gestiegenen Kosten, sonst drohe vielen ambulanten Pflegediensten das Aus.

 

Schon viele junge Menschen mit psychischen Belastungen

 

Monika Horneff, die Leiterin des Gemeindepsychiatrischen Zentrums in Viernheim, wies auf die erschreckend hohe Zahl junger Menschen hin, die mit den Belastungen, die das Leben für sie bereithält, nicht mehr allein zurechtkommen. Oftmals seien es die verzweifelten Eltern, die sich ratsuchend an ihren Fachdienst wenden, weil das Kind nicht mehr aus dem Haus gehe und nicht in der Lage sei, eine Ausbildung zu

beginnen. Eine neu gegründete Angehörigengruppe mit fachlicher Begleitung biete den Menschen einen Anker und werde zahlreich in Anspruch genommen.

Probleme gebe es bei der Umsetzung der letzten Phase des Bundesteilhabegesetzes. Es brauche lange, bis die Menschen die nötige Hilfe nutzen könnten. Die psychisch kranken Menschen seien mit so mancher Neuerung durch das Gesetz auch sehr überfordert.

 

Wohnungsnot und Schulden

 

Ein sogenannter Dauerbrenner dieser Austauschrunde ist über die Jahre hinweg das Thema Wohnen. „Da brennt es allerorten“, bringt es Andreas Mager, Leiter des Caritaszentrum Heppenheim, auf den Punkt. In sehr vielen Beratungen werden seine Mitarbeiterinnen auf prekäre Wohnsituationen angesprochen. Beraten wird in den Räumen des Familienbildungswerkes in Viernheim – neben den Themen der Sozialberatung auch zu den Themen Schulden und Schwangerschaft. Die Nachfrage steige überall. „Die Armutslage hat sich drastisch verschärft, viele Menschen kommen oftmals trotz Job nicht mehr finanziell über die Runden.“ Die Teilhabe am normalen Gesellschaftsleben sei daher für viele auch in Viernheim sehr schwierig.

 

Finanzielle Kürzungen erschweren Integration

 

Auch der Migrationsdienst bietet im Familienbildungswerk Beratung an. Der Leiter Andreas Waldenmeier sprach die Dankbarkeit vieler Hilfesuchender an, die durch die Caritas neue Chancen und Möglichkeiten erfahren. „In unserer Arbeit mit den geflüchteten Menschen erleben wir, dass durch Teilhabe Integration gut gelingen kann.“ Aber finanzielle Kürzungen erschweren die Arbeit, so dass andere Träger diesen wichtigen Dienst schon eingestellt haben, berichtet Caritasdirektorin Stefanie Rhein.

 

Andreas Waldenmeier sprach auch die vielen Ehrenamtlichen an, die sich bei der Caritas engagieren. Ein kostbarer Schatz, der aber auch eine gute Begleitung brauche.

Fehlende Betreuungsplätze

 

Wegen fehlender Betreuungsplätze steht die Stadt in einem engen Austausch mit der Caritas, insbesondere mit der Fachberatung Kindertagespflege wie auch mit deren Leitung Kirstin Reiniger. Neue Ideen werden miteinander besprochen und auf Machbarkeit geprüft. Im Haus des Lebens in Viernheim steht ein Raum für die mobile Vertretung der Kindertagespflege zur Verfügung. In diesen Räumen befinden sind auch die Büroräume der Ambulanten Jugendhilfe mit zwei Kolleginnen für Angebote im Rahmen von sozialpädagogischer Familienhilfe.

 

Der Bürgermeister und der Amtsleiter berichteten ihrerseits von der geplanten Rathaus-Kita oder den drei Unterkunft-Standorten für geflüchtete Menschen. Auch die Stadt plage so manche Bürokratie und so manche unbesetzte Stelle. „Wir brauchen dringend einen Abbau von Standards und Regulierungen und mehr Personal, sonst können wir viele Probleme nicht mehr lösen“, so Matthias Baaß.

 

Den Caritasmitarbeitenden dankte er für den offenen Austausch und „für das gute Miteinander!“

Die Angebote der Caritas in Viernheim auf einen Blick:

 

Ambulanter Pflegedienst/Caritas Sozialstation, Jägerstraße 18, 68519 Viernheim

Tel. 06204 9126-74

 

Beratungsangebote im Familienbildungswerk Viernheim, Weinheimer Straße 44

65771 Viernheim

 

► Allgemeine Lebensberatung:

► Schwangerschaftsberatung:

► Schuldnerberatung (Jobcenter)

► Migrationsdienst

Tel. 06204 9296-220

 

Kinder- und Jugendhilfe

Haus des Lebens, Kirschenstraße 52, 68519 Viernheim, Tel. 06204 9117309

 

Gemeindepsychiatrisches Zentrum, Kettelerstraße 2, 68519 Viernheim

Tel. 06204 92964-0