Brundtlandbüro: „Eine Photovoltaikanlage lohnt sich fast immer!“
Brundtlandbeauftragter Philipp Granzow im Interview mit Randolph Gaa und BürgerSolarBerater Peter Holzschuh
Viernheim (Stadt Viernheim) – Photovoltaik boomt – bundesweit und in Viernheim. In der Brundtlandstadt wurden in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 242 neue Anlagen in Betrieb genommen und zusätzlich 116 Balkonkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 3.900 Kilowatt. Das ist rund das Doppelte des kompletten Vorjahres, denn da waren es 103 Fotovoltaikanlagen und 51 Balkonkraftwerke mit einer Leistung von 2.100 Kilowatt.
Seit vor 25 Jahren die erste Anlage an das Netz ging, sind nun insgesamt fast 900 Photovoltaikanlagen und 170 Balkonkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 14.700 Kilowatt in Viernheim in Betrieb. Die Zahlen machen deutlich, wie sehr sich der Zubau beschleunigt. 6.000 der 14.700 Kilowatt stammen aus den letzten 19 Monaten, der Rest aus 23 Jahren. Die heutigen Anlagen reichen aus, um gut 10 Prozent des Viernheimer Strombedarfs zu decken.
Der Entscheidungsweg zu einer eigenen Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) ist für die Hauseigentümer manchmal lang, viele Fragen sind zu klären. Aus diesem Grund hat die Stadt Viernheim den Aufbau der lokalen Gruppe „BürgerSolarBerater“ unterstützt. Die ersten Beratungen starteten im März 2022, nachdem das Beraterteam eine dreiteilige Schulung durchlaufen und das Theoriewissen in der Praxisphase erprobt hatte. In diesem Sommer fand die 100. Beratung statt. Randolph Gaa war einer dieser „Kunden“ und hat unterdessen eine Anlage installieren lassen. Bei einem vor Ort-Termin blickt Brundtlandbeauftragter Philipp Granzow mit ihm und seinem damaligen BürgerSolarBerater Peter Holzschuh im Rahmen eines Interviews zurück auf seinen Entscheidungsweg.
Herr Gaa, wie war der Entscheidungsprozess für eine PV-Anlage?
Randolph Gaa: Der Wunsch für eine PV-Anlage bestand schon länger, zumal mein Vater bereits eine Anlage an seinem Haus installiert hat. Insbesondere in Kombination mit unserem
Elektroauto war der Wunsch nach einer Anlage mit einem Speicher groß, um energieautark zu werden und nachhaltig mobil zu sein.
Wie haben Sie sich vorab informiert?
Randolph Gaa: Zum einen konnte ich einen guten ersten Überblick über das Internet gewinnen, wo es etliche Informationsseiten gibt, die über die Eingabe der Adresse Aufschluss geben über Sonneneinstrahlung und die damit zu generierende Energiemenge. Eine große Hilfe war auch die Beratung durch BürgerSolarBerater Peter Holzschuh, der parallel eine erste Abschätzung vornahm, ob eine Anlage auf das Dach passt und von der Ausrichtung her Sinn machen würde, ob Anschlussmöglichkeiten vorhanden sind und vieles mehr. Dann war es am Ende eigentlich nur noch eine Frage des Anbieters, um das Projekt umzusetzen.
Auf was haben Sie dabei geachtet? Was war Ihnen besonders wichtig?
Randolph Gaa: Besonders wichtig war mir die Qualität der Komponenten der Anlage, also eine zuverlässige Ausführung der Bestandteile inklusive langer Lebensdauer, eine unkomplizierte Bedienbarkeit ohne größere Wartungen. Natürlich spielt auch die Auswahl des Anbieters eine wichtige Rolle, die in meinem Fall sehr gut war. Angefangen von der Angebotserstellung bis zur Umsetzung war alles professionell und bis zum Ende stimmig.
Und warum jetzt erst die PV-Anlage und nicht schon vor 10 Jahren?
Randolph Gaa: Eigentlich entstand der Gedanke schon beim Umbau des Hauses. Doch der Kostenpunkt war damals deutlich höher als heute. Außerdem hat sich bei der Gesetzgebung diesbezüglich einiges getan, was solch ein Vorhaben wesentlich attraktiver macht, wie zum Beispiel die finanzielle Förderung durch den Wegfall der Mehrwertsteuer.
Herr Holzschuh, Sie sind BürgerSolarberater und haben Herrn Gaa in seinem Prozess unterstützt. Wie konnten Sie ihm helfen?
Peter Holzschuh: Wie Herr Gaa schon berichtete, habe ich mir das Dach vor Ort angeschaut um zu sehen, wie viele Solarmodule darauf passen würden. Anschließend haben wir im Haus die Kompatibilität des Anschlusses überprüft. Nach der Eingabe aller erforderlichen Angaben im System konnten in einem Zug die Kosten und der Ertrag inklusive des Anteils an Strom, den Herr Gaa am Ende selbst nutzen kann, berechnet werden – und das sah gut aus.
Was sind die häufigsten Fragen der Bürger bei einer Beratung?
Peter Holzschuh: Die häufigste Frage ist, ob sich das finanziell lohnt. Da kann ich nur eins sagen: Eine PV-Anlage lohnt sich fast immer, denn der Strom muss so oder so gezahlt werden. Von daher kann ich mit dem Geld auch gleich in eine Solaranlage finanzieren. Der Unterschied ist nur, dass ich den Betrag bei einer Solaranlage auf einmal bezahle und beim Stromanbieter in monatlichen Raten. Man kann dies einmal auf 12, 13 oder 14 Jahre hochrechnen. Das ist so der Zeitraum, bis wann sich eine PV-Anlage ungefähr amortisiert hat.
Eine Frage, die ebenfalls öfter vorkommt, ist nach einem größeren Speicher. Aber auch hier beraten wir individuell, damit der Speicher am Ende nicht zu groß ist und zur Anlage passt.
Ist ein Speicher eigentlich für viele ein Thema und lohnt sich das?
Peter Holzschuh: Eigentlich wollen fast alle einen Speicher. Manche Bürger ziehen aber auch Zeitschaltuhren vor, um alles so steuern zu können, dass alles am Tag abläuft, denn ein Speicher kostet auch viel Geld.
Ich habe gehört, ein Speicher lohnt sich eigentlich noch nicht so richtig, stimmt das?
Peter Holzschuh: Mir persönlich war der Speicher anfangs auch zu teuer, aber jetzt habe ich diesen nachgerüstet. Diesen habe ich seit Mai und dadurch nur circa 25 Kilowatt verbraucht.
Auf den Monat gerechnet?
Peter Holzschuh: Nein, insgesamt, über den gesamten Sommer.
Randolph Gaa: Der Speicher kann alles, was in der Nacht anfällt oder Spitzenlasten am Tag abfangen, beispielsweise wenn der Wasserkocher und der Ofen gleichzeitig laufen und füllt sich dann sogar bei mittelmäßiger Sonneneinstrahlung im Laufe des Tages wieder auf.
Peter Holzschuh: Was ich den Bürgern auch immer rate: Wenn man bereit ist, sich ein bisschen umzustellen und Geräte wie die Waschmaschine oder Spülmaschine am Mittag laufen lässt, dann reicht auch ein kleinerer Speicher.
Also lautet das Fazit: Speicher macht Spaß?
Peter Holzschuh: Klar. Und wenn man so eine Anlage hat, hat man das in der Regel auch auf dem Handy installiert. Und so ziemlich jeder schaut jeden Tag mindestens einmal drauf, was die Anlage so macht. Und das macht eigentlich auch Spaß!
Also kann man das so sagen, dass eine PV-Anlage schon ein Baustein in der modernen Haustechnik ist, zunehmend elektronisch und digital?
Peter Holzschuh: Ja. Und was die ganze Sache jetzt auch noch erleichtert, ist natürlich der Wegfall der Mehrwertsteuer, da Betreiber einer PV-Anlage nicht mehr als Unternehmer gelten und sich nicht mehr mit der Umsatzsteuer befassen müssen. Das hat viele Menschen abgeschreckt, überhaupt eine PV-Anlage anzuschaffen. Diese Sache fällt demnächst auch für Bestandsanlagen bis 30 Kilowatt weg. Dafür ist aber ein Antrag notwendig.
Die Ausrichtung der Anlage ist ja auch immer eine Frage. Ost-West oder Süd. Was können Sie hierzu sagen?
Eine Südausrichtung ist natürlich vom Ertrag her das Beste. Bei einer Ost-West-Ausrichtung hat man morgens früher und abends länger die Sonne, mittags sowieso, also über den Tag verteilt. Was für den Verbrauch im Haus auch seine Vorteile hat.
Kann man sagen, was eine Anlage wirtschaftlich macht?
Peter Holzschuh: Im Moment sind wir bei circa 12 bis 14 Jahren, bis die Anlage komplett amortisiert ist. Das hängt auch vom Kaufpreis und der Größe ab.
Gibt es auch eine kritische Größe die zu klein wäre, zum Beispiel eine Anlage unter 3 Kilowatt?
Peter Holzschuh: Der Preis ginge in dem Fall hoch, weil die Arbeiten ja alle gleich bleiben, egal ob 10 oder 20 Module auf das Dach kommen. Der Rest bleibt, wie zum Beispiel das Gerüst, Kabel, Zählerschrank, Wechselrichter.
Randolph Gaa: In dem Fall ist man mit einer Balkonkraftanlage mit 800 Watt besser dran. Die kann zwar nicht so viel, hat aber wesentlich einfachere Rahmenbedingungen.
Peter Holzschuh: Es kommt aber auch immer darauf an, welchen Stromverbrauch man hat. Wenn dieser riesig ist, dann sollte man eventuell hier zuerst ansetzen.
Was kostet heute eine Privat-Anlage, wenn wir jetzt nicht von der Kleinsten reden? Zum Beispiel, wenn man 7 Kilowatt kauft?
Peter Holzschuh: Bei 7 Kilowatt wären wir dann zwischen 15.000 bis 20.000 Euro, die Preise fallen wahrscheinlich auch wieder ein bisschen. Das Ganze inklusive Speicher.
Und wie groß ist dann der Speicher?
Peter Holzschuh: Für den normalen Hausgebrauch reichen 5 Kilowatt-Speicher.
Was kann man, um es genau zu beziffern, für eine PV-Anlage pro Kilowatt rechnen?
Peter Holzschuh: Pro Kilowatt 1.800 bis 1.900 Euro plus minus X.
Und wieviel Prozent des erzeugten Stroms verbraucht man selbst? Ohne Speicher und mit Speicher?
Peter Holzschuh: Ohne Speicher kommt man so auf 30 Prozent, natürlich auch abhängig von der Größe der Anlage. Und mit Speicher ungefähr 70 bis 80 Prozent.
Gibt es jetzt schon Erfahrungswerte Herr Gaa, wie weit Sie das Laden des E-Autos abdecken können?
Randolph Gaa: Wir fahren hauptsächlich im Stadtverkehr und machen einen Ausflug am Wochenende, das sind so 120 bis 150 Kilometer die Woche. Diese können wir locker abdecken mit der Anlage. Wichtig ist, dass das Auto bei Sonne zu Hause steht. Bei uns ist der Vorteil, dass wenn wir im Homeoffice sind, wir das Auto schon morgens laden können und oft schon eine Leistung von 4 bis 5 KW haben – dann lädt das entsprechend. Das würde auch dicke für 200 Kilometer reichen.
Peter Holzschuh: Also Kurzstrecken könnten damit täglich gedeckt werden.
Und eine Wärmepumpe würde das noch weiter verbessern? Zumindest im Sommer? Oder kann man das so pauschal nicht sagen?
Peter Holzschuh: Wenn man eine Wärmepumpe und Klimaanlage hat, dann rechnet sich das auf. Aber dann geht die Amortisierungszeit jetzt nicht 3 oder 4 Jahre runter wie beim E-Auto. Das macht dann vielleicht 1 bis 2 Jahre aus. Aber man benötigt für die Wärmepumpe wieder viel mehr Strom und dafür ist die PV-Anlage auch wieder wichtig. Also ohne ist für mich schon wieder schlecht.
Gibt es noch etwas, was aus Ihrer Sicht erwähnt werden sollte?
Randolph Gaa: Ich möchte noch sagen, dass es für mich besonders hilfreich war, dass Herr Holzschuh das Angebot nochmal gegengecheckt hat. Weil ich als Laie ja keine Ahnung von den Kosten habe und dann die Angst groß ist, dass man am Ende mehr zahlen muss, weil Kosten verdeckt werden oder einem untergeschoben werden. Dies wurde alles relativ schnell mit E-Mails abgecheckt und dann hieß es von Herrn Holzschuh: das Angebot ist fair und sauber. Und somit war die Entscheidung für mich schnell getroffen.
Peter Holzschuh: Gleichzeitig schauen wir bei einem Angebot auch auf die Zahlungsbedingungen, was ja auch wichtig ist. Die meisten verlangen Vorkasse, aber einige bis zu 80 Prozent, das würde ich nicht machen. Und besondere Vorsicht gilt bei Angeboten über das Internet, die nicht angefragt wurden. Da hatten wir vor Kurzem einen Fall, das war der absolute Spitzenreiter.
Ebenfalls noch gut zu wissen
Für private PV-Anlagen fallen bis 30 Kilowatt keine Steuern mehr an. Keine Mehrwertsteuer auf den Kaufpreis, keine Umsatzsteuer auf den selbstgenutzten Strom. Die Einspeisevergütung für den nicht selbst verbrauchten Strom beträgt 8,2 Cent pro Kilowattstunde. Der Wert des selbst verbrauchten Stroms entspricht dem eigenen Strompreis.
Das Dach muss statisch geprüft werden und sollte gegebenenfalls vor der Installation einer Fotovoltaikanlage saniert werden. Fotovoltaikanlagen werden für 30 Jahre geplant.
Fotovoltaikanlagen sind anzumelden bei den Stadtwerken Viernheim GmbH und beim Marktstammdatenregister.
Beratungstermin über das Brundtlandbüro
Die Vermittlung von Interessenten an einer BürgerSolarBeratung erfolgt über das Brundtlandbüro (Telefon 06204 988 222, E-Mail BRiegraf@viernheim.de). Wer dort anruft und sich für Fotovoltaik interessiert, wird auf eine Interessentenliste gesetzt.