1 Die finanzielle Situation der Kommunen ist angespannt.

Warum sind die Kommunen so klamm? Können die nicht mit Geld umgehen oder bekommen sie davon einfach zu wenig?

 

Kommunen haben vielfältige Aufgaben und müssen selbstständig entscheiden, wie sie nötige Investitionen priorisieren, finanzieren und organisieren.

 

Ein Aspekt belastet fast jede Kommune finanziell mit Millionen-Euro-Defiziten jedes Jahr: Die Kinderbetreuung.

 

Neben dem Bau neuer Einrichtungen, die bereits mehrere Millionen Euro verschlingen, müssen Fachkräfte ausgebildet werden und Fach- sowie Hilfspersonal gefunden und finanziert werden.

Die Baukosten für dringend benötigte neue Betreuungsplätze werden inzwischen vom Land gefördert, die Betriebskosten reißen jedoch riesige Löcher in die Haushaltskassen.

 

Verbesserung der Qualität durch bessere Rahmenbedingungen für Erzieher*innen liefern zwar einen großen Bewerberandrang, wie sich vielfach in Hessen gezeigt hat. Höhere Personalkosten können viele Kommunen jedoch kaum finanzieren.

 

Angemessene Elterngebühren sind für die meisten Kommunen zwingend notwendig, um die Betriebskosten der aktuellen Kita Generationen finanzieren zu können, aber auch, um der Wertschätzung und der angemessenen Bezahlung des Betreuungspersonals gerecht zu werden.

 

Im Bereich der Kita-Betriebskosten bekommen die Kommunen zu wenig Unterstützung vom Land. Das ist einer der Gründe, weshalb ich in den Landtag möchte.

 

Wir müssen die Finanzierung der Gebührenfreiheit von 2018 überarbeiten, aktuelle Zuschüsse dürfen nicht länger an die durchschnittlichen Kitagebühren in Hessen gekoppelt sein, sondern sollten die tatsächlichen Kosten der einzelnen Betreuungsplätze abbilden.

 

Die Kommunen brauchen dringend mehr Unterstützung im Ausbau der Krippen- und Tagespflegeangebote, sowohl vom Land als auch von den Arbeitgebern. Gut ausgebildete, junge Eltern in die Teilzeit oder Arbeitslosigkeit zu schicken, weil nicht genügend Betreuungskapazitäten vorhanden sind, verstärkt das Problem des Fachkräftemangels.

 

Betriebskrippen, firmenfinanzierte Platzkontingente und die Nutzung von steuer- und sozialabgabefreien Zuschüssen an die Eltern helfen den Familien bei der Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft.

 

Ich denke, dass die wenigsten Menschen vor 10 Jahren geahnt haben, dass 2023 so viele junge Eltern einen Betreuungsbedarf für Kinder ab dem 1. Lebensjahr haben werden. Die damals gesteckten Ausbauziele reichen heute bei weitem nicht mehr aus.

 

Bei allen anderen Problemen, die jede Kommune begleitet, scheint mir dieser Aspekt in der öffentlichen Diskussion zu wenig Beachtung zu finden.

Für eine gendergerechte Gesellschaft müssen wir frühkindliche Bildung durch ausgezeichnete Kinderbetreuung möglich machen, um damit späteren Problemen in der Bildungsgeschichte der Kinder vorzubeugen.

 

  1.  Energiewende: Dass in Zukunft jeder, der eine Heizung hat, einfach eine Wärmepumpe kauft, wird, insbesondere in den älteren Stadtteilen von Viernheim, nicht funktionieren. Mit der kommunalen Wärmeplanung, die das Land Hessen schon im November letzten Jahres den Städten aufgegeben hat, rücken städtische Lösungen wie Wärmenetze und anderes in den Blick.

Wie kann Ihrer Meinung nach die Wärmewende in Viernheim gelingen? Was wollen Sie als zukünftiges Mitglied des Landtags dazu beitragen?

 

Die Wärmewende ist ein riesiges Projekt, dass aus vielen verschiedenen Richtungen Unterstützung benötigt.

Eine große Hilfe ist Ehrlichkeit, ein großer Nachteil ist der Populismus. In der Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz hat die ehrliche Sachlichkeit leider keine Rolle gespielt und der Populismus in der öffentlichen Wahrnehmung obsiegt.

 

Fast alle Bürger sind ganz persönlich betroffen, wenn die Heizung im Haus kaputt geht. Das warme Wasser fehlt und es wird kalt in den Räumen.

 

Der Eigentümer muss dann entscheiden, ob die Heizung noch repariert werden kann oder erneuert werden muss. Vor der neuen Gesetzgebung hätte ein nötiger Austausch viel Geld gekostet, jetzt wird der Austausch gefördert, Technologie offen.

Niemand verbietet eine Gasheizung, in der künftig auch Wasserstoff verbrannt werden kann. Bei steigenden Gaspreisen und völliger Sinnfreiheit in der Idee einen wertvollen Trägerstoff einfach zu verbrennen, empfiehlt sich diese Option nicht, wenn man umweltfreundliche und preisgünstigere Angebote bekommt.

 

Die kommunale Wärmeplanung schnell zu überblicken und verfügbar zu machen, wird eine große Herausforderung für die Kommunen und bietet hoffentlich weitere Option für die private Hauswärme.

 

Meine privaten und beruflichen Erfahrungen mit Wärmepumpen erlauben mir folgende Einschätzung zum Einsatz von Wärmepumpen:

 

Wärmepumpen sind eine großartige Erfindung, die in nahezu jedem Haushalt im Kühlschrank eingesetzt wird.

Künftig Heizen, Kühlen und Lüften miteinander zu verbinden und im Neubau direkt umzusetzen ist großartig.

In privaten Häusern, gerade im Altbau, ist die Gebäudedämmung natürlich ein riesiges Thema, weil sich die Effizienz der Wärmepumpe verringert, wenn hohe Wärmeverluste da sind. Man muss mehr Strom reinstecken, um die Wärmeverluste auszugleichen.

 

Der nötige Strom für diese Heiztechnologie sollte aus sauberen, nachhaltigen Energiequellen stammen. Solar- und Windenergie auch im Winter preisgünstig und vor Ort zur Verfügung zu haben, ist eine sinnvolle Investition in die Zukunft.

 

Diese Zukunft lässt sich nicht in wenigen Monaten tragfähig aufbauen und in Koalitionen geht es immer auch um Kompromisse auf diesem Weg.

Grüne Werte der Nachhaltigkeit, des Artenschutzes, des Naturschutzes sollten die Grundlage für jede Entscheidung sein. Die Zukunft auf diese Weise sicherer zu gestalten ist Teil meiner Motivation für die Arbeit im Landtag.

 

 

  1.  Bildung ist Ländersache! Wer Kinder hat, kann ein Lied davon singen: Klassen mit vielen Kindern, die kein oder nur sehr schlecht Deutsch können, ein Viertel der Viertklässler kann nicht richtig lesen, überforderte Lehrer, schlecht ausgestattete Schulen und von Zukunftsthemen auf dem Lehrplan keine Spur.

Was ist Ihre Idee, die Situation zu verbessern und was kann Ihrer Meinung nach Viernheim zusätzlich dazu beitragen?

 

Hessen führt das Bundesprogramm zur Sprachförderung in den Kitas fort, durch bessere Qualität in den Einrichtungen kann frühkindliche Bildung gelingen, die wiederum nachweislich positiv auf die Leistungen in der Schule wirkt.

In den Schulen gibt es auf grüne Initiative hin mehr Sozialarbeit und mehr Schulpsychologie. Brennpunkte sollen künftig weiter, besser versorgt und mit gebundenen Ganztagsangeboten die Chancengerechtigkeit erhöht werden.

 

Die Klassenteiler zu senken scheint, angesichts des Fachkräftemangels bei Lehrern, ein unerfüllbares Versprechen. Durch mehr praktische Ausbildung, mehr Ausbildungsplätze und die A13 Vergütung für Grundschullehrer*innen sind wichtige Meilensteine gesetzt.

Jedes Kind ab Klasse 5 soll mit einem Tablet versorgt, der digitale Unterricht ausgeweitet und der Frontalunterricht weniger präsent werden. Mit multiprofessionellen Teams aus Lehrkräften, Verwaltungsassistenten und sozialpädagogischem Fachpersonal könnten Lehrkräfte effektiv entlastet werden. Eine Überarbeitung des Lehrplans tut Not und fächerübergreifender Unterricht soll ausgeweitet werden. Die Bewertung mit Noten soll erst ab der 3. Klasse stattfinden und die Freude am Lernen stärken.

 

Was können die Viernheimer schon jetzt tun?

Schenken Sie den Schulen und Betreuungseinrichtungen Ihre Zeit und Aufmerksamkeit.

In Arbeitsgemeinschaft freuen sich die Jüngsten über die Vorlesegeschichten, die Älteren über Bastel- und Spiel-Angebote und Vereine können den Kindern ihre Sport- oder Fachbereiche vorstellen. Auch die Fördervereine freuen sich über neue Mitglieder und Spenden und die Lehrer über die spürbare Entlastung, positives Feedback und gut besuchte Veranstaltungen.

Bieten Sie sich im Elternbeirat an, und arbeiten Sie auf Schul-, Kreis- oder Landesebene im Ehrenamt mit.

Engagieren Sie sich in der kommunalen und kreisweiten Politik und helfen Sie mit, um beste Lebens- und Bildungsorte für unsere Kinder im Ort zu schaffen.

 

 

  1.  Steigende Lebenshaltungskosten: Wohnen, Energie, der tägliche Einkauf – das Leben wird immer teurer und viele Bürgerinnen und Bürger kommen an ihre finanziellen Grenzen.

Was wollen Sie als Mitglied des Landtags hier tun? Für welche Lösungen werden Sie sich einsetzen?

 

Am Bespiel Kindergrundsicherung ist eine Lösung gut herausgearbeitet worden, die ich in künftige Diskussionen einbringen möchte: Die Holschuld der Anspruchsberechtigten zur Bringschuld des Staates ändern.

Zustehende Leistung sollen nicht kompliziert und bürokratisch an der Antragsstellung scheitern. Die Digitalisierung ist hierbei ein wichtiger Faktor, um auch die Geschwindigkeit der Bearbeitung zu erhöhen.

 

Viele Menschen fühlen sich unwohl Unterstützung und Hilfen anzunehmen. Ich wünsche mir mehr allgemeine Akzeptanz und Verständnis für Familien in Not. Wir leben in schweren Zeiten, Hilfe anzunehmen ist völlig okay und sollte leichter zugänglich werden.

 

 

  1.  Zu guter Letzt noch etwas Persönliches: Was reizt Sie an Ihrer Kandidatur? Warum wollen Sie als Politiker oder Politikerin tätig sein? Was sind Ihre Wertvorstellungen, mit denen wir als Bürgerinnen und Bürger es dann zu tun haben werden? (Eine ehrliche Antwort wäre schön und nicht eine allzu sehr politisch berechnende…)

 

Ich beschäftige mich seit 2015/2016 als Elternbeirätin mit den Themen in unseren Krippen und Kitas, war Gründungsmitglied des Lampertheimer Stadtelternbeirats und bin seit 2021 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung. In diesen Jahren konnte ich beobachten, wie die kommunalen Kosten für Kinderbetreuung gewachsen sind, aber die Qualität hier und dort litt.

 

Ich glaube, dass die Finanzierung der Kinderbetreuung viele Kommunen stark fordert und wir darüber sprechen müssen, warum diese gemeinsame Anstrengung sehr wichtig ist. Eine gendergerechte Welt kann nur mit einer guten Kinderbetreuung und mit frühkindlicher Bildung funktionieren.

 

Meine Wurzeln liegen im Gesundheitswesen und in der Medizin. Ich habe in meiner Jugend eine Ausbildung als Arzthelferin abgeschlossen. Mein Abitur habe ich auf dem 2. Bildungsweg im Abendgymnasium gemacht und während dieser Jahre in der ambulanten Krankenpflege gearbeitet. In Heidelberg studierte ich anschließend 2. Semester Pharmazie.

 

Die Art und Weise, wie wir unserer Gesundheitssystem mobilisieren und aktivieren können, damit es die Auswirkungen der älter werdenden hessischen Gesellschaft auch angemessen bedienen kann, ist entscheidend für die Zukunft. Offen und neugierig sollten wir neue Konzepte ausprobieren und wirksame Ideen unterstützen. Mehr Ärzte auszubilden, Gesundheitszentren zu fördern und in die Pflege zu investieren ist weiter intensiv zu fördern.

 

Warum ich mich als Politikerin zur Wahl stelle?

Ich habe ein Thema, für das ich seit Jahren brenne. Ich stehe klar zur Demokratie und bin überzeugt, dass Brandmauern grün sind. Ich komme aus der Praxis, bin seit 10 Jahren selbstständig als Kerzendesignerin und habe viele Jahre als Beschickerin Messen, Märkte und Ausstellungen bedient. Mehr praktische Erfahrung, mehr Kreativität und mehr Landluft im Hessischen Landtag ist vielleicht keine schlechte Idee.

 

Darüber entscheiden die Wähler am 8. Oktober. Bitte entscheiden Sie sich bei der Wahl für eine demokratische Partei und stützen Sie die Demokratie mit ihrer Stimme.

 

Mirja Mietzker-Becker