Kita-Gebühren: Zusätzliche Stadtverordneten-Versammlung am 30. Juli 2018
Bisheriger Beschlusstext nicht umsetzbar
Viernheim (Stadt Viernheim) – Für Montag, den 30. Juli 2018, ist nun zu einer zusätzlichen Stadtverordneten-Versammlung eingeladen worden. Die Fraktionen von CDU, UBV und FDP haben dies beim Vorsteher der Stadtverordneten-Versammlung beantragt, um bei der „Gebührensatzung Tageseinrichtungen für Kinder“, die am 1.8.2018 in Kraft tritt, für Verbesserungen bei der Berechnung von Elternbeiträgen zu sorgen. Jetzt hat Stadtverordnetenvorsteher Norbert Schübeler konkret zu dieser Sitzung eingeladen, nachdem die Antragsteller zunächst noch um eine Konkretisierung ihres zur Beratung kommenden Themas gebeten wurden.
Hintergrund
Ab dem 1. August 2018 ersetzt eine Landesförderung in Höhe von 135,60 € den bisher von den Eltern zu zahlenden Beitrag in Höhe von 134 €. Fördervoraussetzung für den Erhalt der Landesmittel ist, dass die Stadt Viernheim sicherstellt, dass alle Kinder, sowohl in kommunalen als auch in Kindertagesstätten freier Träger, im Alter vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt, die in ihrer Gemeinde betreut werden, für mindestens sechs Stunden täglich vom vertraglich oder satzungsgemäß vereinbarten Kostenbeitrag freigestellt werden.
Um diese Freistellung der Eltern vom Elternbeitrag zu erreichen, war es nötig die bisher gültige Gebührensatzung der Stadt Viernheim über die Benutzung der Tageseinrichtung für Kinder neu zu fassen.
Mit Datum vom 23.05.2018 hat die Stadt Viernheim auf Grundlage des einstimmigen Beschlusses der Stadtverordneten-Versammlung vom 17. Mai 2018 einen Antrag auf Zuweisungen zur Freistellung vom Elternbeitrag beim Regierungspräsidium Kassel gestellt.
Die neue Viernheimer Satzung reagierte auch auf weitere veränderte Umstände:
Wegfall des beitragsfreien dritten Kindergartenjahres
Seit 2007 hat das Land Hessen einen Ausgleich in Höhe von 100,00 €/Kind geleistet, wenn eine Gemeinde im dritten Kindergartenjahr keinen Elternbeitrag erhoben hat (Bambini-Programm). Der Ausgleich bezog sich auf bis zu 5 Betreuungsstunden täglich. Diese Förderung stellt das Land Hessen zum 31.7.2018 ein. Bezugnehmend auf die Regelung hatte die Stadtverordneten-Versammlung beschlossen alle Kinder im letzten Kita-Jahr, unabhängig von der Stundenzahl, beitragsfrei zu stellen.
Erstmalige Festlegung eines landesweiten Maßstabs zur Bemessung der Höhe des Ausgleichs von Elternbeiträgen
Das Land hat statistisch errechnet, dass zum Erhebungszeitpunkt 135,60 € der durchschnittliche Beitrag der Eltern zur Finanzierung eines Platzes in Hessen für die Dauer von sechs Stunden war.
Dies ist die Summe, welche das Land pro Kind und Monat den Städten erstattet, wenn in allen Einrichtungen bei Plätzen bis zu sechs Stunden auf einen Elternbeitrag verzichtet wird.
Die Stadtverordnetenversammlung hat auf Grundlage dieses landesweiten monatlichen Durchschnittssatzes die Beiträge neu festgelegt, die weiterhin zu zahlen sind, wenn Betreuungsplätze für eine Dauer von mehr als sechs Stunden genutzt werden. Dies gilt neu auch für das dritte Kita-Jahr.
Würde für diese Betreuungsdauer ebenfalls ein landesweiter Durchschnittssatz ermittelt, ist zu erwarten, dass dieser über dem von der Stadtverordnetenversammlung angewendeten Satz liegt.
Veränderter Geschwisterrabatt
Bisher gab es einen sehr umfänglichen Viernheimer Geschwister-Rabatt, um Familien zu entlasten, wenn mehrere Kinder gleichzeitig Betreuungseinrichtungen besuchen. Da nunmehr zumindest für den Bereich von 6 Stunden in der Kindertagesstätte von den Eltern direkt kein Beitrag mehr zu zahlen ist, regelte die Stadtverordneten-Versammlung im Mai 2018 diesen Bereich auf Vorschlag der Verwaltung ebenfalls neu. Einen Geschwister-Rabatt gibt es nicht mehr angebotsübergreifend (Krippe+Kita+Hort/Grundschulbetreuung), sondern nur noch innerhalb der Angebote Krippe und Hort.
Diese Veränderung des Geschwisterrabats führt in manchen Fällen zu Gebührenerhöhungen, wenn Eltern für ihre Kinder Betreuungsangebote nutzen, für die es vom Land Hessen auch weiterhin keine den Elternbeitrag ersetzende Zahlung gibt, insbesondere im Bereich der Krippe.
Die antragstellenden Fraktionen möchten dies nun wieder zu Gunsten der Nutzer ändern. Zur Abstimmung steht deren folgender Beschlusstext: „Die Stadtverordneten-Versammlung beschließt, dass Familien, die durch die am 01.08.2018 in Kraft tretende Gebührensatzung zur Nutzung von Tageseinrichtungen einen höheren Gesamtbeitrag zahlen müssen, als dies unter der bisherigen Gebührensatzung der Fall wäre, diese Mehrkosten durch die Stadt Viernheim erstattet werden.
Diese Erstattung kann durch einen formlosen Antrag bei der Stadtverwaltung angefordert werden. Diese Regelung bleibt solange in Kraft, bis eine neue Gebührensatzung zur Nutzung von Tageseinrichtungen erlassen wird.“
Bürgermeister Matthias Baaß: „Sollte dieser Beschluss gefasst werden, kann er aus haushaltsrechtlichen Gründen nur für die eigene städtische Kindertagesstätte umgesetzt werden, da die Stadt Viernheim Gebühren direkt an Eltern nur erstatten kann, wenn der jeweilige Gebührenbetrag, auf den sich die Erstattung bezieht, zuvor auch bei ihr selbst eingegangen ist. Dies ist aber für 12 Einrichtungen nicht der Fall.“ Zudem müssten die bei der Stadt dann auch für die freien Träger eingehenden Erstattungsanträge auf ihre Berechtigung geprüft werden. Im Zuge der Prüfung wären von den freien Trägern konkrete Daten abzufragen: Name des Kindes, Name des Zahlungspflichtigen, Datum des Zahlungseingangs, konkrete Summe, die eingegangen ist. Bisher bestehe keinerlei datenschutzrechtliche Vereinbarung seitens der freien Träger mit den betroffenen Eltern, die es erlaubt, dass diese personenbezogenen Daten von den freien Trägern der Stadtverwaltung gegenüber zugänglich gemacht werden.
Da zusammengenommen der beabsichtigte Beschluss aus ganz praktischen Gründen nicht umsetzbar sein wird, steht – aus Sicht des Bürgermeisters – der Stadtverordnetenvorsteher vor einem Dilemma:
Er ist aufgrund des Sitzungsantrages dazu verpflichtet, zu einer Stadtverordneten-Versammlung einzuladen, im Wissen einen dann nahezu wirkungslosen Beschlusstext zur Abstimmung zu stellen. Bürgermeister Matthias Baaß will dieses Dilemma abwenden: Die Verwaltung wird versuchen die im Beratungsablauf bereits für die turnusmäßigen Sitzungen des Sozial- und Kulturausschusses sowie des Haupt- und Finanzausschusses Anfang August 2018 vorgesehenen Beratungsvorlagen bereits am Sitzungstag des 30.7.18 zur Verfügung zu stellen. Denn, so Baaß: „Ein tatsächlicher Beschluss zur Satzung ist der einzige Weg, der zusätzlichen Aufwand in der Verwaltung dauerhaft vermeidet, tatsächlich klare Regelungen schafft und damit auch Rechtssicherheit herstellt.“ Diese Verfahrensweise biete sich auch unbedingt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an, mit dem Mittel der Verrechnung können dann von den Trägern unmittelbar ggfls. zu viel gezahlte Beiträge direkt erstattet werden, die Zahlungsvorgänge verblieben allein an der Stelle, an der diese bereits gegenwärtig stattfinden.
Bisher sind immer alle Träger der Einrichtungen dieser Entscheidung der Stadtverordneten-Versammlung gefolgt, rechtlich wirksam wird dies in allen Einrichtungen aber immer erst dann, wenn die dort zuständigen Gremien (Vorstand, Kirchenvorstand, Pfarrer/Pfarrgemeinderat oder auch Bistum sowie Landeskirche) dies auch tatsächlich so eigens im Verlaufe des August 2018 beschließen.