Ralf Berndt (links) zeigt dem Brundtlandbeauftragten Philipp Granzow stolz seine energieeffiziente 18 cm Außendämmung, die für erhebliche Energieeinsparungen sorgt.
Foto: Stadt Viernheim
Foto: Stadt Viernheim

Viernheim (Stadt Viernhem) – Geboren wurde sie vor 15 Jahren in Viernheim, heute sind ihre Themen aktueller denn je: die Energiekarawane. Beginnend im Jahr 2009 wurden insgesamt acht Energiekarawanen durchgeführt, die in allen Wohngebieten mit Altbaubestand kostenlose Energieberatungen anboten. Das Ziel der Energiekarawane war es, aktiv auf die Hauseigentümer zuzugehen. Das war eine Umkehr des bisherigen Prinzips, bei dem die Bürgerinnen und Bürger aus eigener Initiative zur Beratung ins Brundtlandbüro kamen. Die Idee bewährte sich, die Erfolgsquote war hoch. Etwa ein Viertel der Haushalte im ausgesuchten Quartier nahm die Beratung an. Viele Sanierungen wurden ausgelöst, so auch bei Familie Berndt, die durch die erste Energiekarawane motiviert wurde, ihr Haus umfassend zu sanieren.

 

Ralf Berndt erinnert sich: „Wir haben das Haus 2009 gekauft. Es gab ein paar kleine Schäden an der Fassade und die Glasbausteine im Flur machten den Raum ungemütlich kalt. Als Energiesparer kam uns das Angebot der Energiekarawane gerade recht. Im Sommer nahmen wir auf dem Siedlerplatz Kontakt zu einem Energieberater auf, der ein Sanierungskonzept für unser Haus erstellte. Die Energiekarawane motivierte uns, die energetische Sanierung sofort anzugehen.“ Im ersten Schritt wurde eine 18 Zentimeter dicke Außenwanddämmung montiert und die Glasbausteine im Eingangsbereich durch moderne Fenster ersetzt. In Eigenleistung erfolgte die Dämmung des Dachs, der Kellerdecke und der Rohrleitungen. Ein neuer Brennwertkessel wurde eingebaut und später auch Haustür und Fenster saniert. „Die Dämmung macht sich auf jeden Fall bemerkbar. Schon bei der Montage an der ersten Außenwand wurde es wärmer im Haus und wir beginnen im Herbst jetzt viel später unsere

 

Heizung zu starten.“ Heute reichen Berndt´s 6.000 Kilowattstunden aus, um ihr Haus zu beheizen. „Für ein großes Einfamilienhaus ist das sehr wenig, auch wenn der Kachelofen manchmal mithilft,“ zieht Brundtlandbeauftragter Philipp Granzow Bilanz. Im Jahr 2022 folgte dann noch eine Photovoltaik-Anlage auf dem Hausdach. „Die Anlage sehen wir als Zukunftsinvestition“, sagen die Eheleute.

 

Die Erfolgsgeschichte geht weiter – Von Viernheim bis nach Europa

Im zweiten Schritt wurde das Konzept in der Metropolregion Rhein-Neckar angeboten und auch dort erfolgreich umgesetzt. Über 80 Energiekarawanen wurden von der Pfalz bis in den Odenwald durchgeführt. Die Viernheimer Energiekarawane ist darüber auch hinaus eine Erfolgsgeschichte geworden. In Hessen wird sie nun von der Landesenergieagentur unter dem Namen „aufsuchende Energieberatung“ allen Kommunen angeboten und gefördert. In diesem Jahr fanden Energiekarawanen von Schleswig-Holstein bis Konstanz und München statt. Die bayerische Landeshauptstadt will im großen Stil Energiekarawanen anbieten. Aber auch eine europaweite Ausbreitung hat begonnen. „Seit 2021 war das Team der Kooperationspartner fesa e.V. aus Freiburg und dem Klima-Bündnis bestrebt, die erfolgreiche Viernheimer Kampagne nach Luxemburg zu bringen. Im Mai 2023 konnte dann die erste Kampagne in der Gemeinde Strassen umgesetzt werden – mit Erfolg! Wie andere EU-Länder auch, verpasst Luxemburg seine Klimaziele im Gebäudesektor. Die derzeitige Sanierungsrate liegt bei 0,7 – 1 Prozent und ist damit deutlich niedriger als das angestrebte Ziel von 3 Prozent. Dem Klima-Bündnis Luxemburg war schnell klar: Die energetische Sanierung muss gefördert werden und zwar schnell und effizient. Weitere Energiekarawanen sind in diesem Jahr vorgesehen,“ informiert Granzow. Die Initiatoren haben inzwischen auch Anfragen und Interessensbekundungen aus anderen europäischen Ländern wie Österreich, Bulgarien, Portugal, Italien, Slowenien, Polen, Slowakei und der Türkei bearbeitet und die Energiekarawane vorgestellt.

 

Wärmedämmung lohnt sich

„Die beste Energie ist die, die gar nicht erst verbraucht wird,“ so der Brundtlandbeauftragte. Energieeinsparung sollte deshalb immer im Vordergrund stehen. Der Energiebedarf eines Gebäudes kann durch Maßnahmen wie die Dämmung der Fassade, des Dachs und der Kellerdecke oder den Austausch alter Fenster erheblich reduziert werden. Besonders einfach, preiswert und effektiv ist die Dämmung der obersten Geschossdecke, die auch in Eigenleistung ausgeführt werden kann. Mit Hilfe von staatlich geförderten „individuellen Sanierungsfahrplänen“ ist eine schrittweise Sanierung möglich. Beratung und Informationen zu staatlichen Fördermitteln bietet die Fördermittelhotline der Landesenergieagentur Hessen telefonisch unter 0611-95017-8440 an.