Regierungskrise wegen eines Fetischs

 

Eine Krise kommt selten allein und ich will diesen Ausführungen voranstellen, dass niemand der gerade für unser Land Verantwortung trägt zu beneiden ist.

Die Feststellung, dass die aktuelle Regierungskrise, welche nun in einem Haushaltsstopp mündet, die Folge einer Art politischen Fetischs ist, muss trotzdem gemacht werden. Der Ursprung des Ganzen liegt in der Tatsache, dass man die Schuldenbremse formal einhalten, sie aber dennoch umgehen wollte. Das hört sich genauso komisch an wie es ist.

Die „Schuldenbremse“ ist der Bevölkerung in den letzten 14 Jahren gemeinhin als eine Art Garant für die Generationengerechtigkeit vermittelt worden. Ich persönlich freue mich bereits jetzt in einigen Jahrzehnten auf nicht gemachten Schulden zur Arbeit zu fahren und festzustellen, dass viele Menschen in nicht gemachten Schulden wohnen. Aber im Ernst: Das Gerede von den Schulden, die „unsere Kinder“ in Zukunft zu bezahlen haben ist reine neo-liberale Propaganda.

Es gibt was Staatsverschuldung angeht einen ganz wichtigen Grundsatz der leider nicht mehr beachtet wird: Investitionen die unser Land zukunftssicher machen, also beispielsweise in Infrastruktur wie das Schienennetz, Straßen und Brücken, sind nicht mit den Schulden eines Privathaushaltes zu vergleichen, welcher sich die Wohnung neu einrichtet.  

Die nicht Beachtung dieses Grundsatzes muss in Kombination mit der Schuldenbremse in Krisenzeiten zwangsläufig zu Tricksereien führen, die dann eben schief gehen können. Im Grunde hat der FDP-Finanzminister mit Buchungstricks probiert sein Dogma „keine neuen Schulden“ einzuhalten und gleichzeitig nötige Investitionen zu tätigen. 

Die Bundesregierung hätte natürlich ohne weiteres einen Notstand bzw. Notlage deklarieren können und die Schuldenbremse aussetzen, denn was eine solche „außergewöhnliche Notsituationen“ ist, wird im Grundgesetz nicht definiert. Das tat man aber nicht, weil man den Fetisch Schuldenbremse nicht in Frage stellen wollte.

Dies geht einher mit der neo-liberalen Entwicklung die in der Kanzler-Ära Schröder Einzug hielt und seitdem hegemonial geworden ist, samt dem damit verknüpften Denken zur Staatsverschuldung. Dort warnt man vor Schulden, wegen der „Generationengerechtigkeit“, dem „ineffizienten Staat“ und mahnt zu „fiskalischer Disziplin.“ Kurz gesagt: In Krisen und auch sonst soll gespart werden.

Es gab aber auch eine Zeit vor dem Neoliberalismus. Was hätte man in dieser Zeit stattdessen in Erwägung ziehen können? Näher kommt man dieser Frage, wenn man sich anschaut was nach dem Ökonom John Maynard Keynes jetzt nötig gewesen wäre. Das wären (ich muss hier etwas Verkürzen) die folgenden drei Punkte:

– Erhöhung staatlicher Ausgaben: Investitionen in Bereiche wie Infrastruktur, Gesundheitswesen und Bildung, um Arbeitsplätze zu schaffen und das Wachstum anzukurbeln.

– Den Sozialstaat nicht in der Krise schröpfen: Dieser stabilisiert gerade in Krisenzeiten die Situation und hält den Konsum aufrecht.

– Konjunkturprogramme: Zeitlich begrenzte Programme, die auf Investitionen in Schlüsselbereiche wie erneuerbare Energien und Technologie abzielen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Ich bin nicht dafür, dass wir unnötig Schulden machen, aber Deutschland hat eine Schuldenquote die weit unter dem EU-Durchschnitt liegt. Was nützt uns dieser Wert, wenn wir dafür unser Land kaputtsparen? Die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form muss weg. 

 

Michael Kosbau