Sehr geehrter Herr Baaß,

Wir bedanken uns für Ihre ausführliche Stellungnahme zum Leserbrief von Daniela Pfister im Viernheimer Tageblatt vom 26.6.2025. Zwischenzeitlich haben sich mehrere betroffene Anwohner zusammengeschlossen, um gemeinschaftlich über die Situation zu diskutieren und zu versuchen, Lösungsansätze für die neu entstandenen Probleme zu finden. 

Wir erlauben uns die wesentlichen Punkte aus Ihrer Stellungnahme wie folgt zusammenzufassen:

  1. Sie weisen eindringlich auf die Verantwortung des Bürgermeisters für den öffentlichen Raum hin.
  2. Sie bemängeln das rücksichtslose (Park)-Verhalten mancher Autofahrer, das sich über Jahre hinweg „verschlimmert“ hat.
  3. Sie nehmen Anwohner in die Pflicht, sich VOR dem Kauf eines Autos zu überlegen, wo sie parken können.
  4. Sie berufen sich auf Urteile und eine bestehende Rechtslage, die zum Handeln verpflichtet und scheinbar keinen Ermessensspielraum für flexible, den Umständen angepasste Lösungen lässt.
  5. Sie stellen fest, dass das Treffen von Entscheidungen im öffentlichen Interesse nicht jedem Einzelnen gefallen kann.

Was wir hierbei bemängeln, ist die Umsetzung Ihrer Parkpolitik, die am grünen Tisch erfolgte und an den individuellen Anforderungen der tatsächlichen Gegebenheiten in vielen Fällen völlig vorbeigeht. Des Weiteren sind Sie unzureichend oder gar nicht auf die bemängelten Punkte von Frau Pfister (bzw. auch anderen Leserbriefautoren) eingegangen, wie beispielsweise die Sicherheit der Bürger nachts auf dem Heimweg zu Fuß nach der Parkplatzsuche, die alltäglichen Probleme der älteren Mitbürger, die Notwendigkeit von Parkplätzen für Handwerker, Pflegedienste, Lieferanten und dergleichen oder die Umsatzeinbußen von Gewerben aufgrund mangelnder Parkplätze. 

Zu Ihren Kernpunkten haben wir folgende Anmerkungen:

  1. Als Bürgermeister haben Sie das Wohlbefinden ALLER Bürger zu berücksichtigen.
  2. Wir sind erstaunt, dass das zuständige Ordnungsamt das unzulässige “Falschparken“ über Jahre hinweg nicht unterbunden hat. Das Ergebnis ist nun ein Rundumschlag, der auch ordnungstreue Bewohner trifft – und benachteiligt.
  3. Vor der Einführung der neuen Parkordnung bestanden kaum Parkprobleme. Die Probleme kamen erst durch Ihre Aktion mit den Hinweiszetteln, die sowohl Gehwegparken als auch fehlende Fahrbahnbreite als Verkehrsverstoß eingeordnet haben. Die daraus resultierende „Parkneuordnung“ verursachte ein komplettes Chaos, so dass die Restfahrbahnbreite nicht mehr für Rettungsfahrzeuge ausgereicht hätte. Danach fielen mit dem Aufstellen von Halteverbotsschildern mehr als die Hälfte der vorher bestehenden Parkplätze weg. Diese Vorgehensweise betrifft nicht nur die Waldstraße, sondern wird bald alle engen Straßen in Viernheims Kern betreffen.
  4. Viele dieser Straßen sind einfach nicht breit genug, um eine beidseitige Gehwegbreite von 1,30 m zuzüglich 3,50 m Fahrbahnbreite zu gewährleisten. Das ist eine Tatsache, die der Stadt im Voraus bereits bewusst war. Interessanterweise hat Peter Wieland in seinem Leserbrief vom 30.6.25 klar geschildert, dass es kein Gesetz gibt, das eine Gehwegbreite von 1,30 m vorschreibt (RASt06 sieht eine maximale Breite von 1,10 m vor – für Personen mit Rollstuhl), und dass eine Straßenbreite von 3,05 m genügt bei Anlieger-Einbahnstraßen. In unserem Stadtgebiet haben wir zu 95% Anliegerstraßen, laut Herrn Wieland. Trotz mehrfacher Anfragen, wie auch eigener Recherche, ist es unserer Gruppe leider nicht gelungen, den Beschluss der Stadt bezüglich der Änderung der bislang geduldeten Parkregelung zu finden, beziehungsweise einzusehen.
  5. Dass es schwierig ist, es allen recht zu machen, stellen wir nicht in Frage. Was wir aber erwarten ist, dass die Stadt den Bürgern ihr Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung gewährleistet. Dazu gehört auch eine funktionierende Mobilitäts-Infrastruktur, bestehend aus öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrrädern und PKWs. Was den Bürgern nicht zugemutet werden sollte, ist eine Kurzschlussreaktion, wie sie gerade erfolgte. Auch wenn die Stadt nach Ihrer Aussage nicht die Verpflichtung hat, angemessenen Parkraum zu schaffen, bedeutet das nicht, dass sie sich dieser Verantwortung völlig entziehen kann. Die Tatsache, dass eine langjährige Duldung des Gehwegparkens erfolgte, zeigt deren Notwendigkeit.

In unserer Bürgergesprächsrunde konzentrierten wir uns auf die oben beschriebenen Punkte, bemühten uns jedoch, der Vollständigkeit halber die Argumente aller Befürworter und Kritiker zu berücksichtigen. Es war und ist unser Ziel, faire Lösungen für ALLE zu erarbeiten und diese mit den Verantwortlichen zu diskutieren. Obwohl unsere Vorschläge vorrangig auf die Bedürfnisse der Waldstraße ausgerichtet sind, sollten oder könnten sie auch für andere Straßen mit ähnlichen Problemen als Lösung dienen. Unsere Vorschläge für die Waldstraße: 

  • Verweis für Fußgänger auf eine einseitige Benutzung des Gehweges auf der linken Seite (Richtung Wasserstraße)
  • Gehwegparken auf der linken Seite wieder erlaubt mit einer minimalen Distanz zwischen Hauswand und Auto von 1,10 m
  • Gehwegparken auf der rechten Seite wieder erlaubt mit einem Mindestabstand zwischen Hauswand und Auto von 80 cm
  • Konsequente Durchsetzung dieser Regeln mit Erteilung von Strafmandaten durch das zuständige Ordnungsamt 

Zum Abschluss möchten wir nochmals festhalten, dass eine Stadt wie Viernheim, die nicht zuletzt wegen ihrer Anbindung zur Autobahn bei Pendlern sehr beliebt ist, nicht innerhalb weniger Jahre in eine autofreie Stadt umgewandelt werden kann. Die Infrastruktur hierfür besteht einfach nicht. Wenn Sie den Autos in Viernheim den Krieg erklären, so schädigen Sie damit unverhältnismäßig auch die Pendler, für die ein Auto unverzichtbar ist. Nicht alle Leute wollen ein Auto, viele brauchen es einfach, um ihre Existenz zu sichern.

Wir würden es begrüßen, wenn Sie sich bemühen würden, in einem gemeinsamen Diskurs mit den Bürgern nach Lösungen zu suchen, die die momentane Situation mitigieren. Die Mitglieder der Gesprächsgruppe stehen Ihnen gerne jederzeit für ein konstruktives Treffen zur Verfügung. 

Quelle: Daniela Pfister