Foto: W.Stülpner

Viernheim (W.Stülpner) – Der Viernheimer Hospizverein hatte am Freitag, den 22.November zu einer besonderen Lesung eingeladen. Felicia Schöner, Leiterin des Hospizdienstes Odenwald in Wald- Michelbach, stellte ihr Buch „Die Flucht meiner Mutter“ vor.

 

Die Themen Flucht und Vertreibung sind in unserem Alltag präsent, wir blicken aber meist mit Abstand darauf und fühlen uns nicht direkt betroffen. Die Geflüchteten, über die in den Nachrichten gesprochen wird, sind uns fremd. Sie gehen uns vermeintlich nichts an. Über traumatische Fluchterfahrungen, die Großeltern und Eltern vielleicht im letzten Krieg gemacht haben, wird in den Familien nur selten gesprochen.

 

So war es auch bei Felicia Schöner. Sie erzählt in ihrem Buch von den Erfahrungen der Mutter, die fünfzehnjährig, mit ihren Schwestern, der Mutter und einer Tante aus ihrer Heimat fliehen musste, nachdem die sowjetischen Streitkräfte im Januar 1945 die Grenze zu Schlesien überschritten hatten.

Persönliche Texte und ausdrucksvolle „zehn Minuten Bilder“, die auf dem I- Pad entstanden sind, verbinden die wenigen Informationen, die die Tochter von ihrer Mutter erfahren hat. Sie erzählen von Ängsten, Unsicherheit und dem Nichtwillkommen sein in der Fremde. Sie erzählen von Plänen und Träumen denen ständig Hindernisse in den Weg gelegt werden. Und sie erzählen davon, wie es ist, wenn man nirgendwo richtig ankommen kann                                                                             Aber Felicia Schöner spürt in ihrem Buch auch den mutigen Blick ihrer Eltern nach vorne auf und den unbedingten Willen, eine neue Heimat zu finden.

„Erst als meine Mutter in den letzten Lebensjahren dement wurde und aufgrund ihrer Fluchterfahrungen unter großer Angst litt, habe ich realisiert, wie stark die Flucht ihr Leben begrenzt hat“, berichtet die Autorin, die auch als Supervisorin, Referentin und Therapeutin arbeitet. „Eine Flucht ist nicht zu Ende nach der Flucht und Fluchterfahrungen prägen noch Kinder und Enkelkinder.“

Musikalisch wurden die nachdenklichen Gedanken auf besondere Weise eingefangen, denn begleitet wurde die Lesung von den Saxophonisten Andrea und Willy Fischer. Sehr passend zu den Texten haben die beiden Musiker Lieder wie „Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück“ von den Comedian Harmonists über „Ich spannte meine Flügel aus“ von Joh. V. Eichendorff bis zum Kirchenlied „So nimm denn meine Hände“ ausgesucht.

Die berührenden Formulierungen und die farbintensiven Bilder im Buch „Meine Mutter auf der Flucht“, schlagen eine Brücke zu den heute aus Kriegs- und Krisengebieten geflüchteten Menschen. Auch sie haben Ängste, Hoffnungen, Pläne und Bedürfnisse wie jeder von uns. Und ja, sie mögen uns zunächst fremd sein, doch es ist von großer Bedeutung, dass wir ihnen offen, menschlich und respektvoll begegnen.

Nach der Lesung kamen die Besucherinnen mit der Referentin ins Gespräch und berichteten bewegt von Erfahrungen mit eigenen Eltern und Erinnerungen an Gespräche mit Betroffenen. Die Vorsitzenden des Hospizvereins Dr. Jutta Behrendt und die Koordinatorin Sabine Engelmann bedankten sich herzlich bei allen Beteiligten für den bewegenden und nachdenklich stimmenden Abend.

Für Beratungen und Informationen erreichen Sie den Hospizverein Viernheim hier:                   Telefon: 06204/602559   Fax: 06204/ 9180888    E-Mail: info@hospizverein-vhm.de