Leserbrief von Lisa Illert
Alle brauchen Platz – aber bitte fair
in der Waldstraße wurde kürzlich überraschend ein umfassendes Parkverbot verhängt. Damit sind rund die Hälfte der bisherigen Stellplätze verloren gegangen – und wir Anwohner wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.
Die Kampagne „Mehr Platz für Viernheim“ wirbt damit, Gehwege von parkenden Autos freizuhalten. Das Ziel, sichere und barrierefreie Gehwege zu schaffen, ist nachvollziehbar. Tatsächlich gibt es in vielen Straßen deutschlands das Problem, dass Autos zu weit auf Gehwegen stehen und dadurch Fußgänger gefährden. Hier wären konsequentere Kontrollen und Verwarnungen sinnvoll. Ein komplettes Parkverbot bringt hier allerdings keine Vorteile, sondern vor allem massive Nachteile.
Schon jetzt müssen Anwohner durch das Viertel kreisen, um einen Stellplatz zu finden. Das sorgt für mehr Verkehr, Abgase und Lärm – also für zusätzliche Umweltbelastung. Parallelstraßen, in denen ähnliche Bedingungen herrschen, sind von Verboten bislang nicht betroffen, sodass sich der Parkdruck dorthin verlagert und Konflikte im gesamten Wohngebiet verschärft werden.
Auch wirtschaftlich sind die Auswirkungen spürbar. Eine Gaststätte in unserer Straße verliert Gäste. Handwerker, Lieferdienste und Pflegedienste finden kaum noch Parkmöglichkeiten. Wer nicht halten kann, kann auch keinen Service anbieten – das schadet Betrieben wie Bewohnern gleichermaßen.
Besonders enttäuschend ist, dass keinerlei Alternativen geschaffen wurden: keine Anwohnerparkausweise, keine zeitlich eingeschränkten Lösungen, keine zusätzlichen Stellflächen. Anfangs wurden lediglich mobile Parkverbotsschilder aufgestellt. Inzwischen hat man diese – trotz einer laufenden Petition der Anwohner – durch einbetonierte Schilder ersetzt. Damit wurde endgültig entschieden, ohne die Betroffenen ernsthaft zu beteiligen.
Für viele Bewohner, die auf das Auto angewiesen sind und weder eigenen Hof noch Garage besitzen, ist der Alltag dadurch untragbar. Ältere Menschen müssen ihre Einkäufe weit tragen, Familien mit Kindern kämpfen mit langen Wegen, Berufstätige finden abends kaum noch Parkplätze, Frauen fühlen sich auf späten Heimwegen unsicher. Unter Nachbarn nehmen die Konflikte zu – eine direkte Folge des übermäßigen Parkdrucks.
Sicherheit und Lebensqualität sind wichtige Anliegen. Aber sie dürfen nicht einseitig auf dem Rücken der Anwohner ausgetragen werden. Wir brauchen Lösungen, die allen gerecht werden: Fußgängern, Radfahrern, Familien, älteren Menschen – und ebenso den Anwohnern, Betrieben und Dienstleistern, die auf erreichbare Stellplätze angewiesen sind. Dazu gehören faire Alternativen wie Anwohnerparken, zeitlich flexible Regelungen oder gezielte Kontrollen gegen Fehlverhalten – nicht pauschale Verbote.