Leserbrief von Bernd Lukoschik: „Firma Deutschland“
Der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums fordert die Abschaffung der Mietpreisbremse und ein Zurückfahren des sozialen Wohnungsbaus. Stattdessen sei Wohngelderhöhung angesagt.
Diese Unsäglichkeiten sind natürlich „objektiv“ und „wertneutral“, kurz: wissenschaftlich unterfüttert, stammen sie doch von einem „wissenschaftlichen“ Beirat.
Wieder einmal zeigt sich die Wirtschaftswissenschaft als ideologischer Büttel der Interessen der Wohnungseigentümer, Immobilieninvestoren und der Exportwirtschaft!
Welches „Welt“-Bild steckt hinter diesen Forderungen des Beirats und den genannten Interessengruppen?
Deutschland wird als großes Unternehmen gesehen. Deutschland gilt ihnen nur noch als Firma. Die Bewohner des Landes sind nichts als Arbeitskräfte, also ein Kostenfaktor, dessen Beitrag in der Unternehmenskostenführung unter allen Umständen minimiert werden muss. Damit das Unternehmensprodukt, der Export nämlich, auf den sich Deutschland konzentriert hat, auf dem globalen Markt preisgünstigst abgesetzt werden kann. Der Binnenmarkt, dass also die Arbeitskräfte immer auch Konsumenten sind, spielt zunehmend eine untergeordnete Rolle.
Die Folge davon: Wohngelderhöhungen nützen allein den Wohnungseigentümern und dem Immobilienkapital, ebenso die Beseitigung der Mietpreisbremse. Der soziale Wohnungsbau soll noch weiter zurückgefahren werden, da er die öffentliche Hand belaste und damit auch die Privatwirtschaft, die ja die öffentliche Hand mitfinanziert. Zudem wären günstige Sozialwohnungen eine Konkurrenz für das private Wohneigentum, könnten die Vermieter dann doch nicht die Mieten beliebig hochtreiben. Ein erhöhtes Wohngeld würde übrigens bedeuten, dass der Steuerzahler die Gier der Vermieter subventioniert! Alles Folgen, die nur die Tatsache ausdrücken, dass der Arbeitnehmer / Mieter von unserer Wissenschaft als Unternehmensbelastung angesehen wird und nicht mehr als derjenige, um dessen willen die Wirtschaft ursprünglich ja gedacht war!
Bernd Lukoschik