Flächen für Wohnen und Gewerbe in Südhessen
Südhessische Landräte und Darmstädter Oberbürgermeister fordern mehr Handlungsspielraum für Kommunen bei der Regionalplanung

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Südhessen/Kreis Bergstraße (kb)– Die Landräte der südhessischen Kreise Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und Odenwald sowie der Oberbürgermeister der Wissenschaftsstadt Darmstadt bringen sich mit einem gemeinsamen Positionspapier in die laufende Neuaufstellung des Regionalplans Südhessen ein. Ziel ist es, die Entwicklungsmöglichkeiten der Städte und Gemeinden im Bereich Wohnen und Gewerbe auch künftig sicherzustellen. Denn: Wohnraum und Gewerbeflächen sind in Südhessen stark nachgefragt. Bis zum Jahr 2040 werden laut aktueller Prognosen 367.000 neue Wohnungen im Regierungsbezirk Darmstadt benötigt – das entspricht rund 83 Prozent des hessenweiten Bedarfs. Gleichzeitig ist die Zahl der Baugenehmigungen zuletzt drastisch gesunken. Dies führt zu einem weiteren Spannungsverhältnis bei Bedarf und Angebot.
Im Entwurf des neuen Regionalplans sind „Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen“ zum Schutz von Kalt-/ Frischluftentstehungsgebieten bzw. als Luftleitbahnen ausgewiesen, die teils in erheblichem Maße mit geplanten Siedlungs- und Gewerbeflächen überlagert sind. Dies betrifft insbesondere zahlreiche Mittelzentren wie Bensheim, Heppenheim, Lorsch, Erbach und Michelstadt oder Dieburg sowie große Teile der Stadt Darmstadt. In den genannten Vorranggebieten ist eine Bebauung in der Regel unzulässig.
Die Kommunen fürchten dadurch erhebliche Einschränkungen ihrer planerischen Handlungsspielräume. Hinzu kommt ein erheblicher zusätzlicher Aufwand, da in überlagerten Gebieten eigene Klimagutachten oder -analysen erstellt werden müssten. Wer die Kosten hierfür übernimmt und die fachliche Expertise für solche Gutachten und Analysen mitbringt, ist dabei unklar
„Die Menschen in der Region vor extremer Hitze und gefährlicher Luftverschmutzung zu schützen, ist zweifellos ein zentrales Ziel, aber es muss mit den notwendigen Entwicklungen in Einklang gebracht werden“, betonen die Landräte und der Oberbürgermeister in ihrer gemeinsamen Stellungnahme. „Wir brauchen praktikable Lösungen, die sowohl den Schutz der Gesundheit als auch die Siedlungsentwicklung im Blick behalten.“
Mit dem Positionspapier setzen die kommunalen Spitzen ein deutliches Zeichen in Richtung Landes- und Regionalplanung: Die Herausforderungen des Klimawandels und der Wohnraumversorgung müssen gemeinsam gedacht werden – nicht gegeneinander.
Im Rahmen der verschiedenen Verfahrensschritte bei der Aufstellung des Regionalplans hatte das Regierungspräsidium den Plan entwickelt, im großen Stil neue Flächen für Logistik auszuweisen, ohne den Bedarf nachweisen und die Straßenanbindung gewährleisten zu können. Ein großer Teil davon sollte im Kreis Groß-Gerau ausgewiesen werden, teilweise durch Umwidmung bestehender Gewerbeflächen, die aber für das örtliche Gewerbe dringend benötigt werden. Dagegen hatten der Landrat und die Bürgermeister des Kreises Groß-Gerau vehement Einspruch eingelegt.
Forderungen der südhessischen Kommunen:
- Klimavorranggebiete, die mit geplanten Siedlungserweiterungen kollidieren, sollen auf Antrag der Kommune herabgestuft werden.
- Kommunen dürfen von einer übergeordneten Planungsebene nicht verpflichtet werden, eigene hochauflösende Klimaanalysen zu erstellen. Ob und wann solche Analysen notwendig sind, muss in ihrer Entscheidungshoheit bleiben.
- Im ländlichen Raum mit geringer Bevölkerungsdichte ist auf die Ausweisung von Klimavorranggebieten zu verzichten.
- Die Ausweisung von Logistikflächen im Regionalplan soll überdacht und räumlich ausgewogener gestaltet werden, um negative Folgen für das Zentrale-Orte-System und die Verkehrsbelastung zu vermeiden. Insbesondere großflächige Logistikflächen sollen nicht gegen den Willen der Kommunen ausgewiesen werden.