Ein langer Weg bis zur Diagnose – SPD-Frauen Bergstraße treffen die Selbsthilfegruppe Lipödem Südhessen
Bensheim (SPD) – Lipödem ist eine symmetrische Fettverteilungsstörung insbesondere an Armen und Beinen, die fast ausschließlich Frauen betrifft. Und genau hier liegt nach Auskunft der Lipödem Selbsthilfegruppe Südhessen das Problem: Weil noch immer der Mann bei Erforschung und Therapie von Krankheiten und deren charakteristischen Symptomen als allgemeine Norm gilt, werden typische Frauenkrankheiten bei der medizinischen Ausbildung zu wenig berücksichtigt.Um sich aus erster Hand über die Krankheit Lipödem zu informieren, trafen sich kürzlich Dr. Josefine Koebe, Bergsträßer Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der SPD-Frauen Bergstraße, und einige ihrer Mitstreiterinnen zum Gespräch mit Mitgliedern der Lipödem-Selbsthilfegruppe Südhessen.
Krankheit kann das Leben beherrschen
Im Bensheimer Abgeordnetenbüro von Josefine Koebe schilderten Claudia Effertz, Vorstandsmitglied der Lipödem-Gesellschaft e.V. und Vorsitzende der Selbsthilfegruppe und weitere Mitglieder eindrucksvoll, wie die Krankheit rund um die Uhr ihr Leben beherrsche, vom mühsamen Anziehen der Kompressionskleidung über die tägliche Lymphdrainage bis zu Mobilitätseinschränkungen, starken Schmerzen und psychischer Belastung. Ein normaler Alltag mit kleinen Kindern, Beruf und Freizeitaktivitäten sei insbesondere in den späteren Stadien der Krankheit kaum noch möglich. Hinzu kämen oft die langwierige Suche nach Informationen und fehlende Anerkennung als Lipödem-Betroffene durch Hausärzt*innen.
Selbsthilfegruppen bieten wertvolle Unterstützung
Bis die Diagnose Lipödem dann endlich gestellt werde, hätten die meisten einen jahrelangen Leidensweg und zahlreiche, oft frustrierende Arztbesuche hinter sich und ihre Erkrankung sei bereits weit fortgeschritten. Dadurch werde viel Zeit versäumt für eine erfolgreiche Therapie, die in den Spätstadien nicht nur sehr viel aufwendiger, sondern auch teurer sei. Hier leisteten die Selbsthilfegruppen wertvolle Hilfestellung, indem sie Informationen über die Krankheit bündelten und betroffenen Frauen zur Verfügung stellten. Auch bei der Vermittlung fachkundiger Ärzt*innen und der Antragstellung auf Finanzierung von Hilfsmitteln und Operationen bei den Krankenkassen böten die Selbsthilfegruppen Betroffenen Unterstützung.
Studie soll zur Klärung von Behandlung und Finanzierung beitragen
Als Entscheidungsträger für die Finanzierung von Forschung, medizinischer Weiterbildung und verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten sei die Politik ein wichtiger Ansprechpartner für die Organisationen betroffener Frauen. Frau Effertz berichtete, dass bereits 2023 eine Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages stattfand, an der neben Vertreter*innen der Fraktionen und externen Fachleuten auch sie selbst als Vorstandsmitglied der Lipödem-Gesellschaft e.V. teilnahm. Aktuell werde die Liposuktion (Fettabsaugung) nur bei Patientinnen in Stadium 3 von den Krankenkassen übernommen und auch das sei bis Ende 2024 befristet. Hier ruhe die Hoffnung der Betroffenen auf der Auswertung der LIPLEG-Studie, die vom gemeinsamen Bundesausschuss G-BA (oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen
Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen) finanziert werde. Die Studie solle insbesondere die Frage klären, inwieweit eine Liposuktion schon in den frühen Krankheitsstadien im Vergleich mit konservativen Maßnahmen bestehend aus Kompression, Lymphdrainage und Bewegungstherapie erfolgversprechend für die langfristige Minderung oder Beseitigung der Lipödem-Symptome sein kann und entsprechend von den Krankenkassen übernommen werden sollte.
Koebe will sich für mehr (politische) Öffentlichkeit einsetzen
Die SPD-Frauen und ihre Gäste waren sich einig, dass die Krankheit Lipödem stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden müsse. Als ersten Schritt plant Josefine Koebe dazu eine Informationsveranstaltung in größerem Rahmen mit Betroffenen, Fachleuten und Politiker*innen, die sie im größeren Kontext der Frauengesundheit adressieren möchte. Zudem kündigte sie an, das Thema mit in ihre Fraktion sowie den Arbeitskreis SPD-Frauen im hessischen Landtag zu nehmen.