Frage 1. Die finanzielle Situation der Kommunen ist angespannt. Warum sind die Kommunen so klamm? Können die nicht mit Geld umgehen oder bekommen sie davon einfach zu wenig?
Antwort: Die finanzielle Lage der Kommunen ist angespannt, da die Kommunen bei steigenden Kosten und wachsenden Aufgaben von der Landesregierung finanziell benachteiligt werden.
Die Städte und Gemeinden sind rechtlich und finanziell Teil des Landes Hessen, der Landtag legt fest, über wieviel Geld die Gemeinden verfügen. Selbst bei den Steuern, welche die Gemeinden selbst erheben dürfen, wird vom Land Einfluss genommen. So hat das Land Hessen die Umlage, die jede Stadt aus ihren Gewerbesteuern an das Land zu zahlen hat, nicht abgeschafft. So wird bis heute jedes Jahr den Gemeinden viel Geld entzogen, über dessen Verwendung sie besser selbst entscheiden könnten.
Für die Kommunen führen immer kompliziertere Förderanträge des Landes zu mehr Verwaltungsaufwand sowie zu einer wachsenden Intransparenz.
Neben den Kommunen sind auch der LWV (Landeswohlfahrtsverband) sowie die Krankenhäuser Beispiele der schwarz-grünen Unterfinanzierung. Der Investitionsstau ist enorm.
Dies gilt es zu beenden. Der kommunale Finanzausgleich muss überarbeitet und Förderungen sinnvoll gestaltet werden. Die Kommunen müssen wieder individuell und eigenverantwortlich ihre Aufgaben wahrnehmen können.
Frage 2. Energiewende: Dass in Zukunft jeder, der eine Heizung hat, einfach eine Wärmepumpe kauft, wird, insbesondere in den älteren Stadtteilen von Viernheim, nicht funktionieren. Mit der kommunalen Wärmeplanung, die das Land Hessen schon im November letzten Jahres den Städten aufgegeben hat, rücken städtische Lösungen wie Wärmenetze und anderes in den Blick. Wie kann Ihrer Meinung nach die Wärmewende in Viernheim gelingen? Was wollen Sie als zukünftiges Mitglied des Landtags dazu beitragen?
Antwort: Zunächst folgende Klarstellung: Eine Verpflichtung größerer Städte zu einer Wärmeplanung besteht nicht seit 2022, sondern ab dem 29.11.23 (§13 Abs. 1 HEG, -Hessisches Energiegesetz-).
Der Klimawandel betrifft uns alle. Die Auswirkungen sind schon jetzt spürbar. Dass demzufolge der Bereich Wärme- und Energieversorgung der Veränderung bedarf, ist unbestreitbar. Aber mir ist wichtig, jede Bürgerin und jeden Bürger mitzunehmen.
Niemand musste diesen Winter frieren und so soll es auch bleiben. Niemand sollte aufgrund der Kosten für Energie und Wärme verarmen. Es muss daher individuelle Lösungen und genügend Unterstützung geben. Dies erfordert einen Dialog mit den Fachkräften, gestärkten kommunalen Energieversorgungsunternehmen und den Menschen vor Ort. Dafür stehe ich ein.
Ein bisher vernachlässigter Bereich ist die Nutzung von Abwärme. Aber auch andere erneuerbare Energien müssen ausgebaut werden. Beim Ausbau von Solarenergie und Windkraft liegt Hessen bundesweit auf den hinteren Plätzen. Auch bei den Genehmigungsverfahren gibt es erheblichen Beschleunigungsbedarf. Dies muss sich ändern.
Zur Wärmeplanung in Viernheim gibt es bereits erste Entscheidungen. Grundlegend werden die noch ausstehenden Ergebnisse der Untersuchungen zur Geothermie sein.
Frage 3. Bildung ist Ländersache! Wer Kinder hat, kann ein Lied davon singen: Klassen mit vielen Kindern, die kein oder nur sehr schlecht Deutsch können, ein Viertel der Viertklässler kann nicht richtig lesen, überforderte Lehrer, schlecht ausgestattete Schulen und von Zukunftsthemen auf dem Lehrplan keine Spur. Was ist Ihre Idee, die Situation zu verbessern und was kann Ihrer Meinung nach Viernheim zusätzlich dazu beitragen?
Antwort: Zunächst möchte ich klarstellen, dass in unseren Schulen vor Ort gute Arbeit geleistet wird und die Lehrkräfte, Sozialarbeiter*innen und Verwaltungskräfte dort mit Herzblut ihrer Arbeit nachgehen.
Trotzdem stimmt es, dass Lehrkräfte und entsprechendes sozialpädagogisches Personal fehlen. Die hessische Landesregierung hat es versäumt, für ausreichend qualifizierten Lehrkräftenachwuchs zu sorgen, vor allem seit Jahren im Grundschulbereich. Auch die Ausstattung der Schulen ist alles andere als zufriedenstellend.
Wir benötigen ausreichend qualifiziertes Personal an den Schulen, auch mehr Sozialpädagog*innen und Psycholog*innen. Ein Stipendienprogramm für Mangelfächer wäre ein Baustein. Auch das Lehramtsstudium sowie die Lehrpläne müssen modernisiert werden.
Viele Schulleitungsstellen sind unbesetzt, weil diese unattraktiv sind. Die Leitung einer Schule hat derzeit nur noch wenig mit dem eigentlichen Lehrberuf zu tun, da benötigen diese Verwaltungsunterstützung.
Der Rechtsanspruch auf echte Ganztagsbildung und -betreuung ab dem Grundschulalter (inklusive Standards für Qualifikation, Personalschlüssel und Ausstattung) muss ins Schulgesetz aufgenommen werden.
Auch die frühkindliche Bildung muss bereits stärker gefördert werden. Die Kita (Kindertagesstätte) muss kostenlos sein. Um den erhöhten Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern zu decken, plädiere ich dafür, die praxisintegrierte vergütete Ausbildung (PivA) zum Standard zu machen.
Viernheim ist in diesem Bereich Vorreiterin. Durch die frühe Entscheidung, die Jugendförderung zu dezentralisieren und an die Schulen zu bringen, bestehen zwischen der Stadt und den Schulen besonders gute Verbindungen. Hier kann auf gewachsenen Strukturen aufgebaut werden. Der „Bildungsbeirat“, der die Bildungslandschaft in Viernheim steuert, ist in der Region einzigartig, eine so enge Verknüpfung der Viernheimer Akteur*innen mit den Landesbehörden etc. beispielhaft.
Frage 4. Steigende Lebenshaltungskosten: Wohnen, Energie, der tägliche Einkauf – das Leben wird immer teurer und viele Bürgerinnen und Bürger kommen an ihre finanziellen Grenzen. Was wollen Sie als Mitglied des Landtags hier tun? Für welche Lösungen werden Sie sich einsetzen?
Antwort: Mehr als jedes 5. Kind lebt in Armut und in Hessen liegt die Armutsquote über dem Bundesdurchschnitt. Das ist beschämend. Mein übergeordnetes Ziel ist es, Strukturen und Angebote zu gewährleisten, die Armut, Armutsfolgen und Armutswirkungen beseitigen und soziale Teilhabe für alle ermöglichen. Beispielsweise die Tafeln müssen finanziell besser unterstützt und Beratungsangebote ausgebaut werden. Auch der soziale Wohnungsbau muss endlich wiederbelebt werden.
Ich stehe als VdK Mitglied eng an der Seite der Sozialverbände. Soziale Träger und Einrichtungen dürfen mit steigenden Energiekosten nicht alleine gelassen werden. Sie müssen durch Landesmittel so unterstützt werden, dass das soziale Hilfesystem aufrechterhalten werden kann.
Aber wir stehen auch an der Seite der Arbeitenden und ihrer Gewerkschaften. Arbeit muss gut entlohnt werden. Diese fordern daher eine Ausweitung der Tarifbindung für alle Beschäftigten und eine entsprechende Reform des hessischen Vergaberechts.
Daneben ist es mir wichtig, in dieser krisengeschüttelten Zeit das soziale Miteinander zu fördern.
Begegnungs-, Freizeit-, Kultur-, Bildungs- und Bewegungsangebote sowie die Tagespflege müssen möglichst kostenlos und niedrigschwellig zur Verfügung stehen. Kommunen müssen für diese Aufgaben ausreichend finanziell ausgestattet werden.
Frage 5. Zu guter Letzt noch etwas Persönliches: Was reizt Sie an Ihrer Kandidatur? Warum wollen Sie als Politiker oder Politikerin tätig sein? Was sind Ihre Wertvorstellungen, mit denen wir als Bürgerinnen und Bürger es dann zu tun haben werden? (Eine ehrliche Antwort wäre schön und nicht eine allzu sehr politisch berechnende…)
Antwort: Mein Grundgedanke ist der der sozialen Gerechtigkeit und der gleichen Chancen für jeden Menschen. Ich sehe eine zunehmende gesellschaftliche Spaltung und viele Punkte, die in Hessen besser geregelt werden können. Da braucht es frischen Wind.
Und es braucht mehr Dialog mit den Menschen vor Ort mit ALLEN Menschen. Dafür stehe ich auch mit meinem Wahlkampf.
Als Kommunalpolitikerin, berufstätige Frau, Freundin, Partnerin, Tochter lange Zeit pflegebedürftiger Eltern, Ausbilderin und so viel mehr, bringe ich viele verschiedene Aspekte meiner Lebensrealität in meine Art Politik machen zu wollen, ein.
Abschließend würde ich mich freuen, wenn Sie das Interesse an der Landespolitik zu wecken vermögen. Denn darum geht es: Politik für das Land Hessen.
Die aufgezeigten Probleme wie Bildung, Wohnungsbau, kommunale Finanzen etc. liegen seit 24 Jahren in Verantwortung der CDU Landesregierung. Die Zufriedenheit ist niedrig.
Doch das wichtigste Thema Herrn Rheins (derzeitiger Ministerpräsident) ist: „Hauptsache keinen Streit“. Ansonsten ein „Weiter so“ ohne eigene thematische Schwerpunkte und Lösungsansätze, dafür Kritik an der Bundesregierung. Doch darum geht es nicht. Das wird Hessen nicht voranbringen. Es geht darum, die aktuellen Probleme mit Herz anzugehen und ein zukunftssicheres Hessen für alle Menschen zu schaffen, in dem wir alle besser leben können.

Simone Reiners