Demokratie-Initiative Viernheimer Appell fordert Stellungnahme der Stadtspitze zu den Unterkünften der Geflüchteten in Viernheim

Die Mitglieder des Viernheimer Appell suchten im Nachgang der im September im Bürgerhaus stattgefundenen Veranstaltung „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ das Gespräch mit der Viernheimer Stadtspitze. Es ging um die Meinungen der Viernheimer Bürgerinnen und Bürger, die sich an der Fahrradbriefkasten-Aktion im Sommer beteiligt und ihre Meinung zur Migration aufgeschrieben und eingeworfen hatten.
Viele der eingegangenen Meinungen bezogen sich auf die Flüchtlingsunterkünfte in den schwarzen Containern in der Friedrich-Ebert-Strasse und am Heinrich- Lanz-Ring.
Deshalb hier die erste Stellungnahme von Bürgermeister Matthias Baaß und dem ersten Stadtrat Jörg Scheidel zur Anzahl der Geflüchteten und deren Unterkünften in Viernheim.
Die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger sind den Stellungnahmen in fetter Schrift jeweils vorangestellt.
Wieso entscheidet die Stadt allein, wie viele Migranten zu uns kommen? Wir wollen in einem Bürgerentscheid gefragt werden.
Matthias Baaß und Jörg Scheidel:
Wir gehen davon aus, dass mit dem Begriff „Migranten“ in diesem Fall ausschließlich „Geflüchtete“ gemeint sind. Dann ist die Antwort wie folgt: „Die Stadt“ hat keinerlei Möglichkeit zu entscheiden, ob und wie viele Geflüchtete zu uns kommen. Jedes Bundesland ist per Gesetz verpflichtet (nach einem festgelegten Schlüssel, der bei vielen Verteilungen auf die 16
Bundesländer angewendet wird) Menschen aufzunehmen. Das Land Hessen teilt dann die ihm zugewiesenen Geflüchteten auf Basis eines weiteren Verteilschlüssels auf die Landkreise auf. Und die Einwohnerzahl der 22 Städte und Gemeinden im Kreis Bergstraße ist ausschlaggebend dafür, wie viele Menschen über die Kreisverwaltung in die jeweilige Stadt/Gemeinde zugewiesen werden.
Es ist eine Verpflichtung, die nicht einmal der Mitbestimmung der Stadtverordnetenversammlung unterliegt, es ist also keine Aufgabe, die man sich aussuchen kann. Folglich ist es auch unmöglich, dass darüber die Bürger einer Stadt selbst entscheiden.

Sollte mit dem Begriff „Migranten“ Zuwanderung generell gemeint sein: Auch hier hat die Stadt kein Mitbestimmungsrecht. Wir können froh sein, dass seit vielen Jahrzehnten Menschen zuwandern. Wäre es nicht so, wäre unsere Wirtschaft in einigen Bereichen bereits zusammengebrochen.
Nur mit erwerbstätigen Migrantinnen und Migranten sind unsere Altenpflegedienste, unsere Kindertagesstätten, unser öffentlicher Personennahverkehr und viele Bauarbeiten überhaupt noch in diesem Umfang möglich.
Die Migranten sind in der Stadt ungleich verteilt: Stadtteile verkommen zu Ausländervierteln, während andere Stadtteile gehegt und gepflegt werden.
Matthias Baaß und Jörg Scheidel:

Wenn es auch hier wieder um Geflüchtete geht, die in den Gemeinschaftsunterkünften mit je ca. 100 -150 Personen untergebracht sind, dann ist es richtig, dass diese Standorte in der Stadt ungleich verteilt sind. Es ist uns aber schlicht nicht gelungen beispielsweise in der Oststadt, in der Nordweststadt oder auch in der Innenstadt ein sofort bebaubares und in städtischer Hand befindliches Grundstück zu finden,
welches hierfür ausreichend groß gewesen wäre. Und eine bestehende Immobilie in diesen Stadtgebieten, die für diesen Zweck nutzbar gewesen wäre, gab es auch nicht, u.a. weil beim Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften sehr viele Auflagen des Brandschutzes gelten, so dass viele Gebäude dafür überhaupt nicht geeignet sind.
So haben wir zuallererst auf die Nutzung eines großen bestehenden Bürogebäudes in einem Gewerbegebiet und auf den Bau einer Containeranlage im Gewerbegebiet zurückgegriffen. Hinzu kamen dann zwei weitere Wohncontaineranlangen in Wohngebieten, weil hier der Zugriff auf ein städtisches ungenutztes Grundstück schnell möglich war.
Und es ist sicherlich auch richtig, dass es Stadtgebiete mit mehr dort wohnenden zugewanderten Menschen gibt und andere mit weniger. Das ist abhängig vom jeweiligen Angebot an Wohnraum, den es im Stadtteil gibt. Also abhängig von der Nachfrage, vom Mietpreis und der Größe der Wohnungen. Das kann prägend für ein Wohngebiet wirken, soweit es ihr
möglich ist hat die Stadt Viernheim aber immer Wert daraufgelegt, dass es im Angebot an Wohnungen eine Mischung gibt. Also Mietwohnungen und Eigentumswohnungen.

Ganz alte Immobilien privater Eigentümer können aufgrund ihres Zustandes nur noch günstig vermietet werden, da diese keinerlei Komfort bieten. Dort ziehen dann Menschen ein, die genau eine solche Unterkunft suchen. Das kann dann auch prägend wirken, hat aber mit dem Sachverhalt der Herkunft der Menschen nichts zu tun, es ist eher so, dass dort einkommensschwächere Personen einziehen.
Eine besondere Vorliebe, dass die Stadt Viernheim in bestimmte Stadtteile investiert und in andere nicht, lässt sich bisher nicht erkennen. So wurde mit Fördergeld viel in die Stadtmitte investiert, trotzdem gibt es dort auch eine ganze Reihe von Immobilien, denen eine private Investition guttäte.
Aktuell wird viel in die Saarlandstraße und die Umgebung investiert. Das hat mit einem Förderprogramm zu tun, bei dem nicht die ganze Stadt gefördert wird, sondern immer nur ein genau beschriebener Stadtteil. Auf dieser Basis wurden der Tivolipark und der neue Kreisverkehr am Bürgerhaus erneuert. Gerade aktuell wird mit Hilfe des Förderprogramms auch die Saarlandstraße komplett saniert. Später sollen noch der Parkplatz an Kreuzstraße und der Bürgerhausvorplatz folgen. Eine Bevorzugung von Stadtteilen gibt es aber nicht. Aber natürlich wirkt zum Beispiel eine Nordweststadt mit vielen Vorgärten ganz anders wie eine Innenstadt mit geschlossenen Häuserfassaden. Das kann dazu verleiten einen solchen Eindruck zu bekommen.
Die Flüchtlingsunterkünfte sind wie Inseln abgeschottet vom „normalen“ Leben der Stadt. So funktioniert Integration nicht.
Matthias Baaß und Jörg Scheidel:
Wenn innerhalb recht kurzer Zeit viele Menschen eine Unterkunft brauchen und normale Wohnungen nicht zur Verfügung stehen, bleibt einem nichts anderes übrig als nach Extra-Standorten in einem Gewerbegebiet oder auf einem großen freien Grundstück zu suchen.
Wichtig war der Stadtverwaltung trotzdem, dass die Unterkunft immer innerhalb des bebauten Stadtgebietes liegt und ein Lebensmittelmarkt zum Einkaufen per Fuß gut erreichbar ist, schließlich müssen sich die Menschen in den Unterkünften komplett eigenständig versorgen.
Vom Umstand der nicht einfachen Standortfindung abgesehen, ist dort aber niemand in seinem Alltag abgeschottet. In jeder Unterkunft stehen für 40 – 50 Stunden/Woche Betreuungskräfte der Johanniter Viernheim zur Verfügung, damit die Bewohner Ansprechpartner für alles haben. Weder die Bewohner noch die Gebäude werden sich selbst überlassen.

Alle Kinder im schulpflichtigen Alter gehen täglich in die Schule. Leider gibt es nicht in gleichem Maße Kindertagesstättenplätze für die Kinder unter sechs Jahren.
Viele der Bewohner nutzen das in Viernheim bestehende Angebot an Sprachkursen. Und von 470 mit Stand von Ende September 2025 aufgenommenen Geflüchteten sind bereits wieder 206 in von ihnen selbst angemieteten Wohnraum in Viernheim und Umgebung ausgezogen.
Deren Aufenthalt in der Gemeinschaftsunterkunft war also nicht von Dauer.
Die Erscheinungstermine der weiteren Stellungnahmen werden im einzelnen noch bekannt gegeben. Die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger werden jeweils in die Berichte aufgenommen.

Weitere Informationen zur Demokratie-Initiative Viernheimer Appell unter:
viernheimerappell.org
ViSdP
Norbert Hofmann                                            Dr. Stefanie Roth                                    Luca Biereth
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