Das Expertengespräch mit (v.l.n.r.) dem Übungsleiter des Reha-Sports im Sportpark Heppenheim, Christopher Schuff, dem Chefarzt für Innere Medizin und Gastroenterologie des Kreiskrankenhauses, Dr. med. Uwe Seitz, dem Diabetesberater Andreas Kolb sowie dem Präventionsteam des Kreises, Nadja Niestroj (links) und Reinhild Zolg (hintere Reihe), lieferte wertvolle Erkenntnisse zum Umgang mit Diabetes. Foto: KB

Kreis Bergstraße (kb)-Diabetes mellitus gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen weltweit – mit weitreichenden Folgen für Gesundheit und Lebensqualität. Allein in Deutschland gibt es aktuell rund elf Millionen Menschen mit Diabetes, davon etwa 37.000 Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 20 Jahren. Eine frühzeitige Diagnose und moderne Therapieansätze ermöglichen jedoch ein weitgehend beschwerdefreies Leben. Anlässlich des Weltdiabetestages am 14. November lud die Erste Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernentin Angelika Beckenbach Experten zu einem Pressegespräch ein, um gemeinsam unter anderem über die aktuellen Therapieformen und die Bedeutung von Ernährung, Bewegung und Lebensstil im Umgang mit der Erkrankung zu informieren.

 

„Aufklärung und Vorbeugung sind entscheidend zur Bekämpfung von Diabetes. Deshalb sind Pressegespräche wie diese hilfreich, um das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen und den Bergsträßerinnen und Bergsträßern einen zusätzlichen Zugang zu Informationen, Tipps und Anlaufstellen zu ermöglichen“, so die Erste Kreisbeigeordnete Angelika Beckenbach.

 

Privatdozent Dr. med. Uwe Seitz, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin und Gastroenterologie des Kreiskrankenhauses Bergstraße, hielt einen Vortrag darüber, wie ein gutes Leben mit Diabetes möglich ist. Er veranschaulichte zudem, was genau Diabetes ist, welche Arten es gibt, wer ein erhöhtes Risiko hat, daran zu erkranken und nannte Gründe, warum viele gar nicht wahrnehmen, dass sie bereits an Diabetes Typ 2 erkrankt sind.

 

Diabetes mellitus umfasst Stoffwechselerkrankungen verschiedener Ursachen mit dem gemeinsamen Symptom des Blutzuckeranstiegs, was schwere Folgeschäden mit sich bringen kann. Es gibt drei Formen: Diabetes Typ 1, bei dem die eigenen Antikörper die Insulinproduktion zerstören, Typ 2, an dem laut Dr. Seitz mindestens 90 Prozent der Diabetikerinnen und Diabetiker erkranken, und Typ 3, bei dem der oder die Betroffene die Bauchspeicheldrüsenfunktion verliert, etwa durch eine Operation. Diabetes Typ 2 wird mittlerweile als Zivilisationserkrankung angesehen. Vererbung, aber auch der eigene Lebensstil spielt hier eine große Rolle: „Gesunde Menschen produzieren genau so viel Insulin, wie der Körper benötigt. Heute stoßen wir jedoch mit verarbeiteten Lebensmitteln an gewisse Grenzen“, so Dr. Seitz. Daher sei ein klares Vorgehen bei der Behandlung auch notwendig, um gut mit der Erkrankung zu leben. Hierbei werden auf die Ernährungsgewohnheiten und dessen Modifizierung, die Lebensumstände, die persönlichen Ziele sowie die richtige Medikamentenauswahl und ausreichender körperlicher Betätigung eingegangen. „Was sie essen ist gar nicht so entscheidend. Bei manchen Sachen, wie Smoothies, kommt es auf die Menge an, da sie viel konzentrierte Fruktose enthalten“, erklärt Dr. Seitz.

 

Beim Pressegespräch wurde vor allem die Prävention hervorgehoben, um gar nicht erst an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Menschen, die viele Verwandte mit dieser Form der Erkrankung haben, sollten besonders aufpassen. Auch Frauen nach einem Schwangerschaftsdiabetes sowie Menschen mit Übergewicht und gleichzeitigem Bewegungsmangel sollten Vorsichtsmaßnahmen treffen. Wichtig sei, nicht zu viele hochverarbeitete Lebensmittel zu konsumieren, genug Bewegung im Alltag einzubauen und ein gesundes Maß an Muskelmasse zu besitzen. Vor allem Diabetes Typ 2 bereite nämlich keine Schmerzen und zeige sich in unterschwelligen Symptomen, sodass viele gar nicht oder erst spät merken, dass sie erkrankt sind.

 

Der Diabetesberater des Kreiskrankenhauses Andreas Kolb verdeutlichte deshalb auch die Notwendigkeit, mit der Prävention bereits im Kindesalter zu beginnen: „Wichtig ist es, die Themen Diabetes und Ernährung immer wieder aufzugreifen und auch die Eltern anzusprechen.“ Denn nach der Aufklärung folgen die Erkenntnis und der Wille, etwas dagegen zu tun: Hier ebnet er als Diabetesberater den weiteren Weg, der bei jeder und jedem Betroffenen individuell sei. Auch Christopher Schuff, Sporttherapeut und Übungsleiter des Reha-Sports im Sportpark Heppenheim, passt seinen Trainingsplan nach einem ausführlichen Interview an die jeweilige Person an. „Eine der häufigsten Fragen, die meine Kundinnen und Kunden mir stellen, ist, ob sie sich für immer Insulin spritzen müssen“, so Schuff. Hier sei die Antwort ganz klar: Nein. Bei Diabetes Typ 2 kann mit einer disziplinierten und gut angepassten Lebensumstellung schon viel erreicht werden, sodass manche mit der Zeit keine Spritzen oder Tabletten mehr einnehmen müssen. „Es eignen sich vor allem Ausdauersportarten, da sie das Herz-Kreislauf-System stärken und den Stoffwechsel anregen. Auch Krafttraining ist empfehlenswert, um Muskelmasse aufzubauen und die Insulinsensitivität zu verbessern“, erklärt Schuff. Das Ziel sei, den Lebensstil so zu ändern, dass der Körper Insulin annimmt.

 

Auch der Kreis Bergstraße setzt sich dafür ein, das Thema frühzeitig anzusprechen: „Seit einigen Jahren veranstalten wir deshalb unter anderem die YOLO-DAYs an den Bergsträßer Schulen, dies auch, um Kinder für Themen wie Diabetes und Ernährung zu sensibilisieren“, erklärt die Erste Kreisbeigeordnete Angelika Beckenbach.