Replik zur Reaktion des Ersten Stadtrats auf meinen Leserbrief zu den Kosten des Kindergartens
Kindergartenanbau: Auch mit Rechentricks wird’s nicht preiswerter
Sehr geehrter Herr Erster Stadtrat, lieber Jörg Scheidel,
zunächst einmal herzlichen Dank für Deine Reaktion und den Versuch der Aufklärung über die Kosten des Anbaus am Kindergarten Kapellenberg. Es ist für Bürger immer schön, wenn auf ihre Eingaben dann auch reagiert und ggf. aufgeklärt wird. Ich kenne zu viele, die sich an Stadt, Stadtwerke und Verwaltungsleitung wenden und deren Ansinnen einfach ignoriert werden. Insofern ein ausgesprochenes Dankeschön für Deine Reaktion.
Du beschreibst in Deiner Reaktion eine nette „Raum-Rochade“: Die eine Gruppe aus den die Räumen des alten Kindergartens kommt in einen der drei neuen Räume des Anbaus. In deren alten Gruppenraum kommt dann das Bistro, welches vorher als Teil eines Gruppenraums des offenen Konzepts schon existierte. Das Büro der Leitung zieht in den Anbau, der Mitarbeiteraufenthaltsraum in den Keller und die Haustechnik unters Dach.
Nach Raum-Rochade immer noch das gleiche Endergebnis
In der Folge sitzen dann im neuen Anbau 75 Kinder und schon sind die Kosten für den neuen Anbau pro Kind reduziert. Allerdings fallen im alten Teil des Kindergartens 25 Plätze weg. Wir geben also nach wie vor 4 Millionen Euro aus und gewinnen nach wie vor nur 50 neue Plätze.
Wie wäre es, gleich 75 neue Kinder unterzubringen?
Sicherlich gewinnt der Kindergarten durch den großen Spielflur und ein eigenes Bistro als Ganzes. Aber die Finanzen sind knapp und nach Deinen Ausführungen fehlen insgesamt über 100 Plätze. Wäre es da nicht konsequent, wir bringen tatsächlich 75 NEUE Kinder in dem Anbau unter? Offenbar ist das ja möglich. Dann hätten wir die Kosten pro Platz wirklich reduziert und gleichzeitig mehr Plätze geschaffen um dem Bedarf nachzukommen. Dann würden wir mit den vier Millionen wirklich mehr erreichen und die Eltern weiterer 25 Kinder wären froh, dass sie nun doch noch zum Zuge kommen.
Schön gerechnet oder schöngerechnet?
Dann rechnest Du aus den vier Millionen nochmal 800.000 Euro für den Umbau des Bestandsbaus heraus und sagst, dass sich die Kosten für den Anbau damit eigentlich reduzieren. Aber sind diese Umbauten auch notwendig, wenn es den Anbau nicht gäbe? Droht die Schließung des Kindergartens Kapellenberg durch das Jugendamt, wenn das nicht investiert wird? In den Plänen sehe ich eine neue Außentreppe, ein Kellerabgang wird verschlossen, die Haustechnik wandert in den Dachraum, die Küche wird vergrößert und diverses mehr. Vermutlich ist es dem Jugendamt herzlich egal wo die Haustechnik untergebracht ist. Diese Kosten würden NICHT anfallen, wenn für 4 Millionen an anderem Standort ein Kindergarten für 75 oder mehr Kinder entstehen würde. Diese bei Deiner Rechnung herauszunehmen und damit so zu tun, als sei der Kindergarten eigentlich viel günstiger, hat schon etwas von Schönrechnerei.
Aber es ist richtig, das alles wäre auch eine Verbesserung für den bestehenden Kindergartenstandort Kapellenberg! Allerdings scheint es mir doch eher der Versuch zu sein, die hohen Kosten zu relativieren. Denn wenn es um die Qualitätsverbesserung gehen würde, sind sicherlich alle Immobilien der Kindergärten auf Zukunftstauglichkeit geprüft und Prioritäten bei der Modernisierung aller Kindergartenstandorte gesetzt worden. Und darüber finde ich in den Protokollen der entsprechenden Sitzungen nun so gar nichts.
Vielleicht sind aber insgesamt 75 zusätzliche Kinder zu viel für den Standort Kapellenberg? Dann wäre man mit einem anderen Standort, 4 Millionen Bausumme für 75 oder mehr Kindern besser bedient. Oder sollte das schon die allerallerallerletzte Möglichkeit für Viernheim sein, überhaupt neue Kindergartenplätze zu schaffen?
Fazit
Ich finde es richtig und absolut wichtig, die in Viernheim notwendigen Plätze für die Kinderbetreuung einzurichten. Vor allem für die Kinder, ihre Eltern und letztendlich auch für uns als Gesellschaft. Zuallererst brauchen wir Plätze für alle und dann müssen wir schauen, ob wir das in der richtigen Qualität anbieten: Inhalte und Konzepte, aber eben auch mehr Platz, größere Küchen und Gemeinschaftsräume etc. Und die Kosten müssen im richtigen Verhältnis stehen zu dem was dann als Ergebnis herauskommt. Vielleicht müsste man sich ernsthaft mal damit beschäftigen, wie man in Viernheim besser und preiswerter baut? Rathaus, Harbighalle, Kindergärten, Wohnungen? Alles Beispiele für teures Bauen! In den vergangenen Leserbriefen hatte ich immer wieder mal Gegenbeispiele von außerhalb Viernheims dazu benannt. Offenbar kriegen andere das besser hin.
Wolfram Theymann
https://lust-auf-viernheim.de/kapellenberg (mit Links auf die Planungsunterlagen, Protokolle etc.)